: KPS: Kein Anschluß unter dieser Nummer
■ Verlagsmitarbeiterinnen des Bremer Kaufmanns Klaus Peter Schulenberg sollen mit fingierten Kontaktangeboten das Phonebox-Geschäft des Hauses in Schwung gebracht haben
„Hallo, hier spricht Dagmar, ich bin 25 Jahre alt, verheiratet und habe viel Zeit. Du auch? Dann melde dich unter Kennwort Träume.“
Solche Anzeigen sind telefonisch abrufbar unter den sogenannten Phone-Boxen des Bremer Kaufmanns, Konzertveranstalters und Verlegers Klaus Peter Schulenberg (KPS). Doch die Anrufer, die „den abenteuerlichen Flirt“ oder den „Partner fürs Leben“ (Anzeigentext) über das Kontakttelefon finden wollen, werden getäuscht. Mindestens drei Mitarbeiterinnen des KPS-Imperiums, zu dem unter anderem die Anzeigen-Zeitung „Weser Report“ und „AbisZ“ gehören, haben nach Angaben von VerlagsmitarbeiterInnen das Kontakttelefon mit vorgetäuschten Angeboten besprochen. Alle drei Mitarbeiterinnen sind der taz namentlich bekannt, wollten sich auf Anfrage aber nicht äußern. Aus Verlagskreisen heißt es dagegen, daß das Besprechen der Boxen und das Abhören der Rückmeldungen eine zum Teil mit Begeisterung ausgeübte Form von Betriebssport gewesen sei, bei denen sich die Mitarbeiterinnen mit verlockenden Angeboten zu übertreffen versuchten.
Sinn der Sache war dabei, die Gesprächsdauer für die Anrufer zu verlängern. Der Telefonkunde kann über einen Sprachcomputer mit dem Befehl „vor“ alle in der angewählten Box geparkten Anzeigen abhören. Das sind bis zu 30 Stück, manchmal mehr. Dabei wird er dann gut abgekocht. Der „Telefonservice“ wird unter der Vorwahl 0190 angeboten, Das bedeutet: Alle 12 Sekunden ist eine Einheit weg, 1,15 DM pro Minute. Und KPS verdient dabei locker mit. Er kassiert nach Abzug der Grundgebühren 45 Prozent oder 55 Pfennig pro Minute für die Einnahmen aus den Anschlüssen, die er praktischerweise nicht einmal selbst eintreiben muß. Die Medientochter der Telekom, die DeTeM, kassiert das Geld über die Gebühren und überweist dem Unternehmen seine 45 Prozent.
Reinhold Ostendorf, KPS-Geschäftsführer, weist den Vorwurf gefälschter Anzeigen zurück. Es gebe „keine verlagsinterne, offizielle, inoffizielle oder wie auch immer geartete“Anweisung des Hauses, solche Anzeigen auf die Boxen zu sprechen. Allerdings könne er nicht ausschließen, daß die „eine oder andere Mitarbeiterin an diesem Service teilnimmt. Das dürfen wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht kontrollieren.“
Die Recherchen zu diesem Thema haben die Verlagsmitarbeiterinnen aber mittlerweile nervös gemacht. Auf der Wochenkonferenz des Hauses KPS, an der Schulenberg selbst, Geschäftsführer Ostendorf sowie die leitenden Angestellten des Hauses teilnehmen, stand das Thema am 18. Mai auf der Tagesordnung. In einem Besprechungsprotokoll, das der taz vorliegt, heißt es dazu: „Mitarbeiterinnen sind nicht mehr bereit, Privat-Box zu besprechen.“ Ursache für die plötzliche Verweigerung sei der Anruf eines Redakeurs in dieser Sache, „der Namen der Mitarbeiterinnen kannte, die Privat-Box besprochen haben“.
Ostendorf, ausweislich des Protokolls Teilnehmer der Sitzung, will davon nichts wissen. „In meiner Gegenwart ist über dieses Thema nicht gesprochen worden“, erklärte er. Er könne allerdings nicht ausschließen, daß er mal „zum Telefonieren kurz aus der Sitzung gegangen.“ Markus Daschner
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