: „Wie Basketball“
■ Malereiwerkstatt stellt in Containern Bilder von HIV-positiven Künstlern aus Von Andrea Hösch
Sattes Blau quillt aus der Leinwand, verdichtet sich zu Sturmböen. Dazwischen pulsieren schreiend rote Krater. Diesen tosenden Farbenkampf inszenierte ein unbekannter Maler, der selbst mit dem Leben kämpft. Er ist HIV-positiv.
Noch steht das riesige Quadrat dort, wo es entstanden ist, im Atelier der beiden Maler Detlev Salge und Matthias Weber. Zusammen mit anderen Werken von HIV-positiven Menschen wird es in vier Ausstellungen auf öffentlichen Plätzen zu sehen sein. Die erste an den Landungsbrücken wird morgen, am 5. Juni eröffnet: „Containsart“ bietet 24 Meter Kunst zum Durchschlendern. Die anderen Orte sind der Anleger Waltershof, der Bahnhof Barmbek und der Platz der Republik in Altona.
Mit einem Malkurs hat das Projekt „Malereiwerkstatt - Freie Malerei für HIV -Positive“ schon vor ein paar Jahren angefangen. „Wie unbefangen die Leute losgelegt haben und welches Potential in ihnen steckt, das hat mich fasziniert“, erzählt Matthias Weber begeistert. Seit vergangenem Jahr ist die Malereiwerkstatt zur festen Einrichtung geworden. Jeden Mittwoch treffen sich rund zwölf Frauen und Männer in dem idyllisch gelegenen Winterhuder Hinterhof.
„Malen, das ist wie Basketballspielen“, erzählt Weber. „Dann ist alles andere weg - auch die Krankheit.“ Das ist für die beiden Organisatoren der Ausstellung das Wichtigste: Nicht Krankheit und Leid, sondern die künstlerische Auseinandersetzung steht im Vordergrund. „Wir machen keine Beschäftigungstherapie, sondern bieten Raum und Anregung für künstlerische Gestaltung.“
Was für die Kunstproduktion gilt, erhoffen sich Weber und Salge auch von seiten der Besucher, indem sie die Bilder wertfrei betrachten. „Wir gehen mit der Container-Ausstellung auf öffentlichen Plätzen bewußt raus aus den Betroffenheits-Räumen der Krankenkassen oder der Aids-Hilfe, um der Kunst jenseits der Krankheit eine Eigenständigkeit zu verleihen.“ Im Mittelpunkt des Schaffens stehe nicht der Kranke, sondern der Künstler.
Natürlich bleibt es nicht aus, daß die Krankheit bei den wöchentlichen Treffen immer mal wieder Thema ist. „In der Gruppe entstehen freundschaftliche Kontakte, die Leute klönen miteinander, eben auch darüber, wie jeder damit umgeht.“ Auch die Ausstellung selbst bot, trotz aller Vorfreude, Stoff für solche Auseinandersetzungen: Sollen die Künstler anonym bleiben oder sich namentlich bekennen? „Die Gruppe ist sehr gemischt. Es gibt Leute, die machen gerade einen Drogenentzug, andere arbeiten noch ganz normal, und wieder andere können nicht mehr“, erklärt Weber. Genauso verschieden wie die Lebensumstände seien die Einstellungen zum Umgang mit der Krankheit. Die einen stehen offensiv zu Aids und engagieren sich politisch, während manche ihre Infektion selbst im engen Freundeskreis geheimhalten würden. Deshalb ist für die beiden Organisatoren klar, daß sie diese Entscheidung jedem einzelnen selbst überlassen.
Wie die mobile Ausstellung ankommt, darauf sind alle sehr gespannt. Ermöglicht hat sie die Kulturbehörde mit einem einmaligen Zuschuß von 25.000 Mark. Weil diese Summe gerade mal für die erste Ausstellung in St. Pauli ausreicht, ist das Projekt „Containsart“ auf Spenden angewiesen .
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