■ Alliierte
: Alibi-Russen

Am „Berlin-sagt-danke“- Stand der CDU-Fraktion war nicht zu erkennen, daß die Sowjetunion ebenfalls zu den Alliierten gehört, die gestern im Preußischen Landtag mit einer Abschiedsfeier gewürdigt wurden. Keine russische Flagge hatte neben denen der anderen Alliierten Platz gefunden.

Mit Konzerten der Militärkapellen der vier Siegermächte war gestern der Deutsch-Allierte Tag der offenen Tür eröffnet worden. Trotz des regnerischen Wetters waren im Laufe des Tages mehr als 15.000 BerlinerInnen gekommen, um gemeinsam mit den Soldaten Abschied zu feiern.

Neben französischen und britischen Militärmusikkorps spielte zwar auch das Musikorchester der 6. Mot-Schützenbrigade der russischen Streitkräfte, aber ansonsten war von den Russen nicht viel zu sehen. Immerhin unterschied sich diese vom Abgeordnetenhaus initiierte Veranstaltung von ähnlichen des Senats und der Bundesregierung insoweit, daß man die Russen diesmal nicht generell ausgeschlossen hatte. Präsent aber waren bloß die Amerikaner, die in Ausgehuniformen die Bierzelte belagerten.

In ihrer rund zwanzigminütigen Rede hatte die Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Hanna-Renate Laurien, ein Richard-von-Weizsäcker- Zitat bemüht, um hervorzuheben, daß es die Alliierten gewesen waren, die Deutschland vom „menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ befreit hatten. Für den Ausschluß der Russen von den anderen offiziellen Abschiedsveranstaltungen fand die Abgeordnetenhauspräsidentin jedoch keine Worte. Ob da die Teilnahme eines einzelnen russischen Balalaikaspielers an der Welturaufführung des Liedes „Good-bye, Berlin, good-bye“ durch das Berlin Symphonic Sound Orchestra die Diskriminierung der Siegermacht aufwiegt?

Von den Berlinern und Berlinerinnen wurde die Teilnahme russischer Militärangehöriger an den Feierlichkeiten dagegen ausdrücklich begrüßt.

Eine ältere Frau mit CDU- Wahlkampfbutton auf ihrer Jacke sagte: „Find' ich prima, daß die Russen dabei sind. Schließlich haben die ebenso zur Befreiung beigetragen wie die anderen Alliierten auch.“ Peter Lerch