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Kochlöffel im Labor

■ Wie Männer weibliche Forschung beklauten: Eine Ausstellung über Naturwissenschaftlerinnen im Audimax

Gelehrte Frauen sind Ergebnisse der Entartung. Mit Ansichten wie dieser stand der Neurologe Paul Möbius noch zu Beginn unseres Jahrhunderts durchaus nicht allein. Frauen, die außer mit Kindern und Kochlöffel auch mit Algebra, Atommodellen und Reagenzgläsern umgehen konnten, galten als unweiblich oder sogar krank. Eine Ausstellung an der Universität Hamburg will jetzt Forscherinnen ehren, deren Anteil an den Naturwissenschaften viel zu lange unter den Labortisch gekehrt wurde.

„Obwohl Wissenschaftlerinnen bedeutende Beiträge zur Forschung leisteten, wurden ihre Arbeiten totgeschwiegen, abgewertet oder Männern zugeschrieben. Nur ganz wenige konnten aus ihrem Schattendasein heraustreten und öffentliche Anerkennung finden“, sagt Beate Naroska. Die einzige Physikprofessorin in Hamburg meint: „Fast immer hatten Forscherinnen es durch das weibliche Rollenklischee schwerer als Männer.“

Dabei können Physikerinnen in den Naturwissenschaften auf eine Tradition zurückblicken, die bis in die Antike reicht. Chronologisch zieht die Ausstellung den Faden durch die Jahrhunderte weiblicher wissenschaftlicher Tätigkeit und würdigt deren Balanceakt zwischen konventionellem Frauenleben und Wissenschaftlichkeit. Ergänzt wird die Schau durch Zitate bekannter Personen, die Haltungen und Vorurteile der Umgebung illustrieren.

An der Hamburger Uni sind trotz zehn Jahren Frauenförderung nur fünf Prozent der Professorenstellen weiblich besetzt. In der Physik beträgt der Anteil von Studentinnen lediglich acht Prozent und im Wintersemester 1992/93, frau mag es kaum glauben, gab es dort keine einzige weibliche Kandidatin für eine Habilitation. An anderen Fakultäten sieht es ähnlich aus. Die Naturwissenschaften sind nach wie vor eine Männerbastion.

„Junge Frauen glauben oft, sie kämen gegen die gesellschaftlichen Mechanismen nicht an. Ihrer Resignation muß entgegengearbeitet werden“, sagt Beate Naroska. Die Porträtierung bedeutender Vorgängerinnen auf naturwissenschaftlichem Gebiet solle vor allem auch Schülerinnen Mut machen, ihr Studienfach entgegen verkrusteten Rollenklischees zu wählen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Juni im Foyer des Audimax zu sehen. Öffnungszeiten: Montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr.

Ute Schmölz

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