Zustimmung mit der Faust in der Tasche

■ DGB-Bundeskongreß beschloß zur Frauenquote nur noch „Soll“-Richtlinien / Nur noch schwacher Protest über die Verwässerung des DGB-Frauen-Antrages

Berlin (taz) – Schon bevor der Antrag abgestimmt wurde, war alles gelaufen. Am Dienstagabend beschlossen die Delegierten des DGB-Bundeskongresses einstimmig, daß künftig die Frauen in den vom DGB zu besetzenden Gremien entsprechend ihrem Anteil an der Mitgliedschaft vertreten sein sollen. Das Wichtige: Die Antragsberatungskommission hatte die ursprünglich vom DGB-Bundesfrauenausschuß eingereichte „Muß“-Bestimmung zuvor in die „Soll“-Bestimmung abgemildert.

In den Einzelgewerkschaften des DGB sind 31 Prozent der Mitglieder Frauen. Bei einer strengen Quotierung hätte künftig im Durchschnitt jedes dritte Gremien-Mitglied weiblich sein müssen. Als Begründung zur Abschwächung des Antrages erklärte der Sprecher der Antragsberatungskommission, Egon Schäfer, man habe befürchtet, daß durch eine zwingende Verpflichtung zur Quotierung die Handlungsfreiheit der Einzelgewerkschaften eingeschränkt werden könne. Als Beispiel nannte Schäfer die DGB-Besetzungen für Gremien bei der IHK und bei der Handwerkskammer. Hier sei es innergewerkschaftlich Usus, daß die Einzelgewerkschaften – auch miteinander abgestimmt – festlegen, wer beispielsweise in die Prüfungsausschüsse käme. Dabei spielten auch fachspezifische Gesichtspunkte eine Rolle. Es habe juristische, aber auch politische Bedenken gegeben, ob die Umsetzung einer Quotierung letztlich praktikabel sei.

Hinter den Kulissen hatte es zuvor heftigen Streit um die Abmilderung gegeben. Die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften, darunter auch Monika Wulf-Mathies von der ÖTV, befürworteten angeblich die „Soll“-Formulierung. Einzig und allein die Vorsitzende der Gewerkschaft HBV, Margaret Mönig-Raane, soll sich für eine zwingende Verpflichtung zur Quotierung ausgesprochen haben.

„Es war eine politische Entscheidung, um sich einen größeren Handlungsspielraum zu erhalten“, kommentierte Britta Naumann, Mitglied des DGB-Bundesfrauenausschusses die Verwässerung des Antrages. Da dieser eine Satzungsänderung betraf, bedurfte die Vorlage einer Zweidrittelmehrheit unter den Delegierten. In realistischer Einschätzung der Machtverhältnisse hatten sich die Gewerkschaftsfrauen daher entschlossen, gar nicht erst eine Ablehnung und Neuformulierung des abgeschwächten Antrages zu fordern. Mit der Annahme wird in zwei Absätzen auch die Gleichstellungs- und Frauenpolitik als Aufgabe in die Satzung des DGB aufgenommen.

„Mir war es lieber, diese beiden Absätze erfolgreich in der Tasche zu haben“, so Britta Naumann, auch geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Gewerkschaft GEW. „Aber es war eine Zustimmung mit der Faust in der Tasche.“

Frauke Dittmann von der Gewerkschaft NGG hatte zuvor darauf hingewiesen, daß in den Landesbezirksvorständen, Kreisvorständen und im Bundesvorstand des DGB derzeit der Frauenanteil durchgängig nur bei rund 17 Prozent läge. „Das ist zu wenig“, so Dittmann. Bei den Kreisvorsitzenden sind nur 9,9 Prozent Frauen. Im Landesbezirksvorstand Bayern sind Frauen zu 7,4 Prozent vertreten, in Nordrhein-Westfalen zu 10,3 Prozent. In den neuen Bundesländern ist der Frauenanteil in den gewerkschaftlichen Gremien allerdings erheblich höher. Im Landesbezirksvorstand Sachsen beispielsweise gibt es zu 30 Prozent Frauen. Auch variiert der Frauenanteil in verschiedenen Funktionen. Man habe beispielsweise bei den Jugendbildungsreferenten einen „hervorragenden Frauenanteil“ von 32,6 Prozent, so Jochen Richert, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes.

Richert hatte zuvor betont, man dürfe das Verhältnis zwischen Frauen und Männern im DGB „sicher nicht zur Belastungsprobe werden lassen. In Redebeiträgen hatten weibliche Delegierte im Vorfeld der Abstimmung darauf hingewiesen, daß auch der Anteil der Frauen unter den Delegierten des Bundeskongresses nur 24 Prozent betrage- immerhin aber mehr als in den Jahren zuvor. „Das ist doch viel“ kommentierte IG-Chemie-Chef Rappe die schon erreichten Quote. Immerhin: unter den Delegierten seiner Gewerkschaft sind 29 Prozent Frauen. BD