Den Gesamtschul-Nerv getroffen

■ Drei Prozent der Lehrerstunden abgezogen / Stundenstreichungen drohen Von Kaija Kutter

Eigentlich gebe es von der Jahnschule Positives zu berichten, sagte gestern Gesamtschullehrer Bernd Kloss auf einer Pressekonferenz der GEW-Betriebsgruppe. 58 Abiturienten verlassen dieser Tage die Jahnschule mit einer guten Durchschnittsnote von 2,3. Da viele dieser Schüler am Ende der 4. Klasse keine Empfehlung für das Gymnasium hatten, betrachte er dies als Erfolg der Schule.

Aber, so Kloss, er habe auch schlechte Nachrichten. Vor einer Woche bekam die Schulleitung per Telefon mitgeteilt, daß die „Orientierungsdaten“ kurzfristig geändert werden. Um den weiteren Aufbau neuer Gesamtschulen zu finanzieren, sollten die alten Gesamtschulen, die bereits bis zum Jahrgang 13 durchgewachsen sind, 3 Prozent ihrer Lehrerstunden abgeben. Für die sechszügige Jahnschule, so Lehrer Martin Eckeberg, bedeute dies einen Abbau von 12 Stunden pro Jahrgang. Die Schulbehörde wünsche, daß bei den Differenzierungsstunden gestrichen wird, erläutert Schulleiterin Christa Hinze. „Wir werden aber nicht darum herumkommen, auch an den Grundstunden zu kürzen“. Mit dieser Kürzung werde der „Nerv der Gesamtschule getroffen“.

Die GEW-Lehrer der Jahnschule bezichtigen die verantwortliche Behörde aber auch der „Schlamperei“. Schon im April, als die Anmeldezahlen bekannt waren, hätte die Umverteilung der Kollegen bekanntgegeben werden müssen, sagt Martin Eckeberg. So aber wissen die drei ausgewählten Jahnschul-Lehrer kurz vor den Sommerferien nicht, an welcher Schule sie künftig unterrichten.

Lehrerumsetzungen zum Schuljahreswechsel sind an sich nichts Ungewöhnliches, auch die Jahnschule hatte bereits eine halbe Stelle abgeben müssen, weil sie rein rechnerisch überzählig war. Bei der diesjährigen Organisationkonferenz der Behörde betrug das geschätzte Defizit für alle Gesamtschulen 38 Stellen. Die nun angeordnete Umverteilung trifft aber auch Schulen, die keinen Überhang haben und bedeutet somit eine faktische Kürzung.

Für GEW-Sprecherin Anna Ammonn ist dies eine unmittelbare Folge des Senatsbeschlusses, für die zusätzlichen Schüler keine neuen Lehrer einzustellen. Wenige Tage vor der zweiten großen Kundgebung gegen Bildungsabbau bekommt dies zusätzliche Brisanz. Hatte doch Schulsenatorin Rosemarie Raab stets betont, sie wolle nicht auf Kosten der Kinder sparen. Stundentafelkürzungen oder Klassenvergrößerungen seien für sie die letzte denkbare Möglichkeit.

Folgt man dem Gedankengang von Raab-Sprecher Ulrich Vieluf, so wird dies auch nicht geschehen. Bei der Schulorganisation, so Vieluf, bemühe man sich die Schülerzahlen eher „zu überschätzen als zu unterschätzen“. Es könne deshalb gut sein, daß weniger Schüler kommen und der Gesamtschulbereich - wie schon im Vorjahr - faktisch einen Lehrerüberhang hat. Die 3 Prozent würden demnach präventiv umverteilt.