: Jazz-Staffel am Fischmarkt
■ Der Jazzport heißt jetzt Westport und verlegt sich programmatisch vermehrt aufs Tanzbare
Der 5. Jazzport, diesmal mit neuem Sponsor, der den Wechsel des Festivalnamens mit ausgiebigen Zuschüssen vergoldete, hat die Macher an den Rand des nervlichen Ruins getrieben. „Wir haben uns zwischendrinnen schon angesehen und uns gefragt, ob wir nicht das ganze Festival absagen sollen“, beschreibt Ingrid Ebinal vom Veranstalter Jazz and More die aktuelle Affektlage. Endloser Streß mit englischen Managern, schildbürgerhafte Possen der örtlichen Behörden, Intrigen des Fischauktionshallen-Pächters Harms, nachdem der NDR (wg. „Schlechten Erfahrungen“) sich weigerte, Konzerte in der Halle aufzuzeichnen, womit das Festival verlegt werden mußte, plötzliche Absagen von Top-Acts und die ewigen Finanzprobleme addierten sich zu dramatischen Ärgernissen.
„Natürlich wird der 5. Jazzport trotzdem stattfinden“, so Ebinal und auch der 6. ist dank Sponsoren wohl gesichert, obwohl die Kulturbehörde ihre 120.000 Mark Zuschuß zu dem 750.000 Mark-Etat im Zuge der Abschaffung des Hamburger Sommers gestrichen hat. Durch den Krach mit Harms findet der Westport, so der neue Name, nun doch wieder in dem heimeligen Zirkuszelt statt, das diesmal allerdings am Fischmarkt steht.
Vom 18. bis zum 23. Juli wird dort ein Programm präsentiert, das sich noch stärker als zuletzt an den aktuellen Jazzfloor-Entwicklungen orientiert. Zwar sind die meisten der hier auftretenden Bands erst „kürzlich“ in der Stadt gewesen (der Rapper Soon E MC, die Blue Note-Hitschmiede von US 3, die Blood Brothers alias Pressure Drop), aber sie alle gehören eher zu den Aspiranten, an denen man sich schwer satt hört. Jamiroquai wurde von seiner Plattenfirma Sony bei Wasser und Brot (englisches Brot wohlgemerkt) im Studio angekettet, um die neue Scheibe fertig zu machen, und kommt deswegen erst im Oktober. Incognito sind kaputtgegangen und kommen gar nicht.
Die Late-Nights, die wie fast alle Konzerte diesmal auch Doppelpacks sind, im einzelnen: Soon E MC tritt gemeinsam mit den klasse L.A.-Jazz-Soulern Solsonics auf (20.7.), die ehemalige Sängerin der Young Disciples Carleen Anderson trifft auf das Groove Collective und Jazzy Nice (21.7.) und US 3 spielen mit den Jazz-Funkern Fishbelly Black (22.7., alle um Mitternacht). Eine Abschlußparty am 23. um 21 Uhr wird geleitet von den London-Underground-Dompteuren The Blood Brothers und zeigt uns das monatliche Konzert der Hamburger Soulciety-Band rad. sowie die teutschen Jazzrocker Triton.
Zwei Abende sind dem legendären Verve-Label gewidmet, das heuer Fuffzich wird. Den Mittwoch eröffnet Dee Dee Bridgewater mit Standards, um dann an den neuen texanischen Trompeter-Star Roy Hargrove zu übergeben, der hard-bopt, daß die Alten nostalgische Zuckungen bekommen und den jungen Stutzern der Schweiß gefriert. Donnerstag gilt einem der Größten aus der zweiten Reihe des Jazz, Joe Henderson, der gemeinsam mit dem südafrikanischen Pianisten Bheki Mseleku auftritt, der letztes Jahr beim Jazzport in Deutschland debütierte. Auch vor Ort: Charlie Hadens Liberation Music Orchestra.
Aus der Neuen Welt erfreut die Sehnsüchtigen Gal Costa (22.7.) und, als der Höhepunkt des sechstägigen Bandstands, ein gemeinsames Konzert von Gilberto Gil und Caetano Veloso (19.7.). Eröffnet wird mit den Stimm-Artisten: Sweet Honey in the Rock und Ladysmith Black Mambazo werden den Fährterminal vielstimmig zu swingenden Bewegungen seiner Stützpfeiler animieren.
Die nationale Jazzszene findet wegen des dichtgedrängten Programms diesmal kaum Berücksichtigung und auch die Workshops mit Jazz-Vätern und -Müttern während des Festivals sind auf nächstes Jahr verschoben. Anläßlich des Festivals erscheint ein Sampler mit Stücken ausgewählter Jazzport-Gäste der letzten Festivals (Dr. John, B.B. King, Herbie Hancock, Jamiroquai, Brecker Brothers).
tlb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen