■ Soundcheck: John Scofield & Pat Metheny Quartet / Tumbleweed-Party / Heinz-Krämer-Werner Hornig-Sextett / Mazzy Star
Gehört: John Scofield & Pat Metheny Quartet. Die Männerfreundschaft zwischen den beiden Ausnahmegitarristen hat ein schönes Motto. Und dieses „I can see your house from here“, Titelstück ihrer gemeinsamen Platte, paßte als Auftakt ganz hervorragend zum freien blauen Himmel über der Stadtparkarena. Eine entspannte und gleichwohl gehaltvolle Debatte kam ins Rollen, Jazz mit Do-you-speak-Blues-Grundierung und kratzbürstigen Rock-Riffs. Über dem geschmeidigen Bass-Puls von Steve Swallow und dem abgebrühten Dschingdarassa von Drummer Bill Stewart ereignete sich Hochkarätiges vor allem auf den Gitarren. Metheny phrasierte wie gewohnt mit Engelszungen, aber auch mit mehr Blitz und Donner als sonst. Und Scofield als der waghalsigere und beredtere Erzähler hielt mit rein gar nichts mehr hinter dem Berg. Das heißt, die paar gegenseitigen Bauchpinseleien hatten sie sich zum Glück für die Ansagen aufgehoben. Einen verschmitzten musikalischen Lausbubenstreich leisteten sie sich dennoch: Die freizügige Duo-Version von „Summertime“ geriet zum festiven Tribut an die äußeren Bedingungen. Und „Everybody's Party“ schließlich leitete prima in den Zugabenabend des bisher freundlichsten 94er-Tages über. Die zahlreichen Flaneure, Freizeitkapitäne und Fans waren's zufrieden – fachsimpeln, hören und gesehen werden, fröhlich sein. Auch wenn es nichts zum Mitsingen gab.
A. Schäfler / Zeichnung: tom
Gehört: Tumbleweed-Party. Erstmals trat der Schlagzeuger des Oklahoma Lone Star Heartbreak Institute, Matthias Strzoda, zur Tumbleweed-Party am Sonnabend im Alabama als Sänger und Gitarrist vor das Publikum. Der Mann mit der angedeuteten Buffalo-Bill-Haarmatte liebte nicht unbedingt die Songs, die er spielte, aber er liebte irgendetwas, während er sang. Mit diesem umwerfenden Vortrag hatte niemand gerechnet. Ein paar zärtliche Lehrminuten lang spielte Strzoda für jene, die hinter Country-Ballladen ausschließlich Schmalz und amerikanische Propaganda vermuten. Mit weich angerauhtem Bariton intonierte er seine Stücke, um ihnen nicht durch zu fordernden Gesang ihren gefühligen Glanz zu nehmen. Im Herbst tourt Strzoda mit Robert Foster.
Kristof Schreuf
Heute abend: Heinz Krämer-Werner Hornig-Sextett. Die sind spielfreudige Filouder, Orgelreinpfeifer, ein Sprengsatz für jedes Trübsalgebläse. Das Heinz Kämer-Werner Hornig-Sextett schwingt sich gekonnt durch Stile. Man mischt Feingefühl mit Sahne und die Texte des Dichters Klabund mit dem Salz der Kompositionen des Gitarristen Klaus Meinhardt. Meinhardt erkennt, wo sich Klabunds Fähigkeiten von dessen Hang zur Leichtigkeit unterscheidet. Das Sextett arbeitet die Seite des Romanciers, Lyrikers, Nachdichters asiatischer Lyrik und der Inspirationsquelle Bertolt Brechts heraus. Die Interpretation des Sängers Zacharias Zack Jablinski stellen die Komponenten des Bekannten verändert vor. Jablinski erklärt singend, pfeifend und expressiv händeringend, wie etwa die Harfenjule aussieht. Das dichte Gemisch eines Deutschblues von Gossenmelodien und vermeintlichen Trivialepen ergänzt Christian Neumann. Der Mann mit der Snare Drum besorgt die rhythmische Einladung für den ersten Tänzer auf der Stehparty.Kristof Schreuf
Literaturhaus, 20 Uhr
Heute abend: Mazzy Star: Der Blick hinter die Fassaden des Normalen war schon immer besonders lohnend. Das wissen auch Mazzy Star, jenes Duo aus Los Angeles, das sich seit vier Jahren der dunklen Seiten des ,ordinary life' annimmt. Ähnlich wie Regisseur David Lynch in seinen Filmen legen Gitarrist David Roback und Chanteuse Hope Sandoval ohne Eile Schicht um Schicht frei, bis sich der Abgrund umso deutlicher auftut. Es ist nicht die eigene Morbidität, die im Mittelpunkt stehen soll, vielmehr das drohende Leiden der anderen. Deshalb klingt Hope Sandoval auch nie wirklich depressiv oder betroffenheitserheischend, sondern scheinbar abwesend. Als Rahmen setzt Roback auf dem zweiten Album So tonight that I might see zumeist sehr reduzierte Sounds, und nie drängt der ehemalige Rain Parade- und Opal-Mastermind den Folk- oder Blues-Balladen mehr Tempo auf, als ihnen gut tut. Warum also Hektik, wenn auch ein sanft geschlagenes Tambourin die Richtung weisen kann? Alltagsdramen laufen schließlich nicht davon. Clemens Gerlach
Logo, 21 Uhr
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