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KommentarTotale Hilflosigkeit

■ Bosnien: Der Horror geht weiter

Marieluise Beck berichtet – über Bosnien, über Sarajevo, über den mittlerweile ganz normalen Horror, der in der Weltpresse nicht mehr als berichtenswert erscheint. Die kleine Lotte, Becks Tochter, spielt zu unseren Füßen – „hör mal, ich möchte nicht, daß du zuhörst, da kriegst du nur wieder Angst“, sagt die Mutter. Doch Lotte weiß genau, worum es geht. Seit Monaten schon wohnen bosnische Familien im Haus. Als Marieluise Beck das letzte Mal nach Bosnien gefahren ist, wollte die Kleine mit – als Aufpasserin. Das Kind sieht und hört mehr, als viele Erwachsene hierzulande hören und sehen wollen.

Bei all den vermeintlich diplomatischen Verwicklungen, bei all dem menschlichen Leiden, dem Terror, dem Unfaßbaren müssen wir wohl zwangsläufig abschalten, da nicht sein kann, was nicht sein darf. Da redet ein linker Sozialdemokrat wie Peter Glotz davon, daß die bosnische Propaganda absolut wunderbar funktioniere und sich die Massenvergewaltigungen noch als Propagandatrick herausstellen könnten. Organisiert sich die bosnische Armee nach Jahren der Hilflosigkeit, heißt es: Aha, soo friedlich sind die ja auch nicht, die spielen im Macht- und Territorienpoker genauso mit wie alle anderen. Ist es einer der vielen Streiche, die uns unser Gehirn spielt, daß wir die Dinge so vermischen oder ausblenden müssen? Halt zwangsläufig, menschlich eben? Susanne Kaiser

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