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Und trotzdem einen netten Dienstag

■ betr.: „Auch gibt es dies und jenes zu lachen“, taz vom 21. 6. 94

Wir shätzen die lokere, heufig gar sachlich rischtige Berichterstattungh der Tageszaitung, da sie sich damit bisher vom üblichen Bledterwald unterschied. Manchmal in Berlin, schländern wir an den beiden schönen taz-Häusern vorbei, mit den unausgesprochenen Gedanken: „Wenigstens eine Tageszeitung, auf die man ...“ Wir müssen angesichts der für alle nicht einfach zu bewältigenden Wirtschaftslage appseptieren, das häufig gar keine andere Wahl bleibt, als auch AB-MStellen zu besetzen, die ja doch in der einen oder anderen Zituation Helfer in der Noht sein können.

Nun aber ist es soweit: Der Geschäftsführer unseres Kaffees denkt allen Ernstes darüber nach, ob er nun doch auch die Bild-Zeitung ins Angebot des Lesespiegls aufnimmt. Immerzu kraischt er, da wäre kein großer Untersccied mehr. Bitte geben Sie mir einen Rad, wie ich eß ihn ausredem kahn.

Fehler 1: Bei der „ehemals gutbürgerl. Kaschemme“ handelt es sich eigentlich um eine leerstehende (1967-88), später besetzte (1988) Ruine, die die Bezeichnung „Haus“ (im Sinne der beiden gutaussehenden taz-Häuser) erst seit einigen Jahren wieder verdient. Noch 1992, während der ACC- Ausstellung mit Originalen des Bauhausmeisters Paul Klee, konnten sich Galeriebesucher die Bemerkung „Was, in der ollen Hütte soll'n Klees hängen?“ nicht verkneifen. Froh wären wir jedoch gewesen, wenn das vom Verfall gezeichnete Wrack eines ehemaligen Gebäudes zum Zeitpunkt unserer „Übernahme“ wenigstens den Anschein einer gutbürgerlichen Kaschemme hätte wecken können. Insofern ist die taz ein kleiner Trost.

Intermezzo: Die journalistische Kostbarkeit: „spielt man heute ein bißchen Bohème“ lassen wir gelten, da die Autorin hier eine Möglichkeit sah und direkt in Angriff nahm, ihre dichterische Freiheit zur Gänze zur Entfaltung zu bringen.

Fehler 2: Nicht „Bodies und Politics“ ist der Titel der derzeit laufenden Ausstellung, sondern „Perfumed Politics and Cosmetic Bodies“ steht auf dem Transparent.

Fehler 3: Hierbei handelt es sich nicht um eine Fotoausstellung, sondern um eine Installation, die vorwiegend aus Aquarellen besteht, einer britischen Künstlerin namens Margaret Harrison.

Fehler 4: Erdbeershakes sind nicht im Angebot des ACC-Cafés und waren es auch bisher nicht.

4 (in Worten: vier) sachliche Fehler in einem Satz, das läßt für den Durchschnitt im Rest des Artikels nur hoffen. Somit sind Sie auf gutem Wege, anderen lustigen Zeitungen mit den großen Buchstaben in Fragen der „Sachlichkeit“ mit straffen Schritten hinterherzueilen.

Meine Damen und Herren, die Grenze zwischen durchaus wünschenswerter dichterischer Freiheit und journalistischer Schlampigkeit ist überschritten! Unseren Glückwunsch! Sei's drum. Und trotzdem einen netten Dienstag. Unterhaltsame Lektüre und ebensolches Geschreibe läßt auch uns die Arbeit leichter über den Tag bringen. ACC Galerie Frank Motz,

Weimar

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