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Wenig Erfreuliches und viel Monströses

■ Drei Friedens- und Konfliktforschungsinstitute legen Friedensgutachten 1994 vor

Berlin (taz) – Auf dem Titel ein strahlender Mandela, im Innern neben der erfreulichen Meldung über den Aussöhnungsprozeß in Südafrika eine Würdigung der nahöstlichen Annäherung und ein Verweis darauf, daß nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes die „Menschenrechte und ihre Durchsetzung ins Zentrum der internationalen Politik gerückt“ seien: Dann sind die „positiven Entwicklungen“, die die Herausgeber des „Friedensgutachtens 1994“ markieren, auch schon erschöpft. Die Negativbilanz einer „monströsen Eskalation“ von Gewalt vor allem in Afrika und viele „offene Fragen“ im Sampler, an dem 29 WissenschaftlerInnen aus drei Friedens- und Konfliktforschungsinstituten (Hamburg, Heidelberg und Frankfurt) arbeiteten, überwiegt.

Bleibt nach Somalia, Jugoslawien, Haiti und nun Ruanda vom Hoffnungsträger UNO nur der Prügelknabe? Sind „Blauhelme alte Hüte“? Ist das System kollektiver Sicherheit in Europa durch den Balkankrieg nicht vollkommen desavouiert? Die Überlegungen auf der Basis einzelner Forschungsergebnisse münden dabei nicht immer in klare politische Lösungskonzepte. Aber gute Fragen zu stellen ist heutzutage auch schon die halbe Miete.

Neben dem Schwerpunkt „Probleme des Friedens in Europa“ geht das Kapitel „Globale Herausforderungen“ über rein sicherheitspolitische Aspekte hinaus, etwa wenn die globale Wasserknappheit thematisiert wird. Auch dem Thema „Gewalt gegen Frauen und die Menschenrechte“ wird breiter Platz eingeräumt.

Als Derivat der Einzelanalysen werden dann doch politische Empfehlungen entwickelt, die eine massive Kritik an den Praktiken deutschen Rüstungsexports etwa (Landminen) beinhalten. Die Herausgeber fordern nicht nur ein europäisches Gesamtkonzept zur langfristigen Konversion des Rüstungsproduktionssektors, sondern auch eine im Rahmen der EU-Präsidentschaft von Deutschland getragene Politik der Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für eine grundlegende Reform der UNO einzusetzen, deren zivile Strukturen es zu stärken gelte. Analog zur Nato müsse eine „Akademie für Peace Keeping“ aufgebaut werden. Blauhelme sollten die Deutschen für präventive Missionen oder zur „Absicherung diplomatischer Friedensbemühungen“ bereitstellen. Ob das Volker Rühe reicht? AS

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