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: Nur Uwe selig

Zur WM-Nachlese, Sonntag, ARD und ZDF

Vor dem Spiel hatte Schnapsnase Udo Lattek in der Welt am Sonntag den Ton angegeben: Gegen Bulgarien kann man nicht, gegen Bulgarien muß man gewinnen. Und dann war das Unfaßbare geschehen: Deutschland war draußen, gegen „Bulgarien“, wie später Rolf Töpperwien verächtlich ausstoßen sollte.

„Er ist nicht Europameister geworden, und er wird auch nicht Weltmeister“, schnarrte ZDF-Kommentator Marcel Reif ins Mikro. In der „Tagesschau“ mutierte das Tun von deutschen Kickern zur Topmeldung. Auch die Radio-Stationen setzten die 1:2-Niederlage an die erste Stelle. Trauer auf fast allen Kanälen.

„Der Schock sitzt doch tief“, stammelte Michael Steinbrecher, Moderator des Extra-Aktuellen-Sportstudios, und meinte damit vor allem seinen eigenen. Wunderbar, daß Kalli Feldkamp vor dem New Yorker Stadion nüchtern blieb und konstatierte, daß „die Bulgaren etwas besser“ waren.

Und schön, daß ihm als Gäste die abgeklärten Uwe Seeler und Wolfgang Overath zur Verfügung standen. Overath knapp zum Gefühl, verloren zu haben: „Das ist grausam“, weswegen man das „Spiel am liebsten nachspielen“ würde, wobei Uwe Seeler sekundierte, daß das ja nicht ginge.

Überhaupt „Uns Uwe“: Wie er so dasaß, so gar nicht staatsmännisch, so mit sich im Lot – das war schon beeindruckend: „Uns steht es gut zu Gesicht, mal zu sehen, daß die anderen auch Fußball spielen können.“ Töpperwien dagegen konnte es beim Interview mit Berti Vogts nicht lassen, das Seine zur Legendenbildung beizutragen: „Sitzt der Stachel der Enttäuschung tief?“ Vogts: „Wir haben versäumt, das zweite Tor zu machen.“ Töpperwien: „Sie haben es gemacht.“ Vogts: „Der Schiedsrichter hat es nicht gegeben, damit haben wir es nicht gemacht.“ Töpperwien entsetzt: „Werden Sie jetzt Bundestrainer bleiben?“

Kurzum: Vor allem an den Stammtischen vermutete das ZDF sein Publikum. So blieb es den ehemaligen Aktiven vorbehalten, die Beiläufigkeit der Dinge im Auge zu behalten. Allein Uwe Seeler, das demokratisch gesinnte Kind des Wirtschaftswunders, wußte den richtigen Ton zu treffen: „Fußball bleibt.“ Jan Feddersen