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Das Lächeln des Buddhas beim Elfmeter Von Mathias Bröckers

Es gibt ja doch noch so etwas wie Gerechtigkeit, und am Montag früh, wenige Minuten nach Mitternacht, zeigte sie sich: Franco Baresi, der alte Haudegen vom AC Milano, semmelte einen Elfmeter in die kalifornischen Wolken. Aber die Brasilianer machen es spannend, auch ihr erster Schütze vergibt, alles ist wieder ausgeglichen. In den 120 Minuten zuvor war dieses WM-Finale ein eher trostloses Hinundhergeschiebe, Rasenschach mit taktischem Sicherheitsgurt – jetzt aber ist die Spannung kaum auszuhalten. Mit Fußball hat solch ein Elfmeterschießen wenig zu tun, es ist der pure Thrill, Mann gegen Mann, ein Lotteriespiel, bei dem nicht der Bessere, sondern der Nervenstärkere gewinnt. Beim Abpfiff der Verlängerung hatte ich schon alle Hoffnung fahren lassen: Jetzt wird es Italien machen, sie haben sich durch das ganze Turnier mit Glück hindurchgemogelt, und das wird ihnen auch jetzt helfen. Doch dann setzt Baresi, der Fels in der italienischen Abwehr und coole Routinier, das Zeichen: Als erster geht er ran, um die ihm nachfolgenden jüngeren Spieler mental aufzubauen – und er versiebt. Wenn aber schon bei ihm die Nerven versagen, wie soll das bei den anderen, weniger erfahrenen Spielern werden – es keimt wieder Hoffnung. Und kein Hitchcock hätte diesen Krimi besser inszenieren können: Ausgerechnet Roberto Baggio, Buddhist und Joker des italienischen Spiels, läßt den WM-Traum der Tifosi endgültig zerplatzen und setzt den Ball über das Tor. Brasilien ist Weltmeister – knapp, aber nur zu gerecht. Nicht nur, was das Fußballerische angeht. Das arme Land am Zuckerhut braucht den euphorischen Schub, den solch ein Titelgewinn auslöst, viel eher als die Salonfaschisten und Mafiosi in Italien. Einen Berlusconi, der gerade alle wegen Korruption angeklagten „Kollegen“ aus der Haft entlassen hat, nach einem solchen Coup auch noch mit der Ehre des WM-Titels und der Nr.1 des Weltfußballs zu belohnen – das wäre nun echt zu viel gewesen. Und zudem sportlich einfach unverdient: das gesamte Turnier über hat Brasilien den besseren Fußball gezeigt, und auch im Endspiel lagen die größeren Chancen und Spielanteile klar bei Romário und Co.

Es gibt sie also noch, die Gerechtigkeit im Fußball, und dazu gehört natürlich auch, daß die Deutschen rechtzeitig ausgeschieden sind. Nachdem ich mich unlängst schon als heimlicher Fan von Fähnleinführer Fieselschweif alias Berti Vogts geoutet habe, wird niemanden mehr überraschen, daß ich auch seine Entscheidung, den Job zu behalten, durchaus begrüße. Er will nicht mehr der „doofe Berti“ für Journalisten sein und auch kein „Artenschutzbeauftragter“ für alternde Stammspieler. Hat er etwa die taz gelesen, der aufmüpfige Berti? Wie auch immer – wir dürfen gespannt sein, wie die neuen Berti-Buben auflaufen. Daß jedenfalls „ein Lothar Matthäus“ schon „allein aufgrund seiner Anwesenheit“ für das Spiel „unheimlich wichtig“ ist – dies gehörte schon vor dieser WM zu den großen Mythen und Heldensagen. Die desolate Abwehr gegen Südkorea und Bulgarien lieferte den Beweis, daß er als „Organisator“ auch auf dem ruhigen Posten des Senior-Libero ausgedient hat. Gönnen wir ihm den großartigen Rekord in der Ewigen Liste, seine Dumpfbacke indessen möge fortan für immer geschlossen sein.

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