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Golden Girls aus Bremen

■ Squashblitz – Zwei Medaillen bei den United Gay Games in New York errungen

Wer, bitteschön, ist Anja Kopp, und wer Karin Pilath? Schätzungsweise haben etwa acht Prozent der Bremer Bevölkerung die richtige Antwort parat. Denn in der Schwulen- und Lesbenzene wissen selbst die sportlich nicht so Begeiste-rungsfähigen: Anja Kopp und Karin Pilath gewannen bei den Vierten Olympischen Gay Games, die vom 18. bis zum 25. Juni in New York stattfanden, Gold und Silber.

Olympisch darf sich die Veranstaltung, zu der in diesem Jahr 12.000 AthletInnen aus 44 Nationen antraten, eigentlich nicht nennen. Das Nationale Olympische Komitee untersagte per Gerichtsbeschluß seinerzeit Tom Waddell, dem Gründer der Gay Games, dieses Attribut zu benutzen. Dabei sind es gerade die Schwulen und Lesben, die den olympischen Leitgedanken des „Dabeisein ist alles“ ernst nehmen. Komplizierte Auswahlverfahren in sportlicher, politischer oder erotischer Hinsicht, wie sie Heteras und -os durchlaufen müssen, bleiben den TeilnehmerInnen der Gay Games also erspart. Es reicht die Selbsternennung zur Sportskanone und das Bekenntnis zum Schwul-, rspektive Lesbischsein, um sich der Lust an der Leistung (und umgekehrt) hingeben zu dürfen.

Falsch liegt jedoch, wer hinter den Gay Games ein gigantisches Treffen von DilettantInnen vermutet. Immerhin wurden in diesem Jahr einige Weltrekorde gebrochen und als solche offiziell anerkannt. Weniger formal ging es bei so nicht-olympischen Disziplinen wie Aerobic, Billard, Sportclimbing oder gar Bodybuilding zu. Dort schickten bindegewebsschwache Bankangestellte neben trizepsbepackten ladies and gentlemen ihr Muskelspiel via Satellit in den Äther, um von dort auf die Mattscheiben von Millionen amerikanischer Sanellafamilien übertragen zu werden: Voilà, so oder so ist das Leben.

Neben den beginnenden Fußballweltmeisterschaften waren die Gay Games das Ereignis in New York. „Die Medien berichteten täglich und relativ fair“, blickt Anja Koop zurück. Die ganze Stadt war in Aufruhr, selbst in den entlegendsten Vierteln turtelten Tunten, joggten sich grüßende gayboys und –girls, betranken sich am eigenen Spaß. „Da hast du dich schon umgeguckt, wenn dir mal ein Hetero entgegenkam“, grient Anja und verlängert das Erlebnis zur Vision: „So eine ganze Stadt nur für uns wäre doch auch was Schönes.“

Obwohl konservative Kirchenkreise und rabiate Rechte einen breiten Widerstand gegen „das Trainingslager für Sodom und Gomorrha“ angekündigt hatten, blieben die AkteurInnen unbehelligt. „Die haben sich wohl nicht getraut, wir waren einfach zu viele.“ Tatsächlich hatte Anja Kopp selbst nicht mit einer so großen Gemeinde gerechnet, die da am Eröffnungstag im ausverkauften Wien-Stadion zusammenkam. „Stell dir mal zwanzigtausend Schwule und Lesben auf einem Platz vor!“ Beim bloßen Erinnern der Eröffnungsfeier laufen der Teilnehmerin, die ihr Selbstbewußtsein regelrecht wachsen spürte, noch immer „kalte Schauer über den Rücken“.

Heiß wurde ihr dagegen im Court des Squash-Zentrums, wo sie mit Karin Pilath auf Medaillenjagd ging. Nachdem die A-Gruppe fast ausnahmslos Profis versammelte, die ihre Returns unerreichbar durch die Weltranglisten katapultieren, ordneten sich die Bremerinnen der (vorletzten) C-Gruppe zu. Doch auch hier war es noch schwierig genug, den Gegnerinnen die Sätze abzunehmen. Um ein Haar hätte die „harte Arbeit“ für Karin Pilath schon im Halbfinale geendet, wo eine ehrgeizige Amerikanerin statt des Balls ihren Kopf traf. Karin Pilath wurde mit Verdacht auf Gehirnerschütterung von einer Polizistin zum Krankenhaus eskortiert. „Für die wäre ich auch umgefallen“, schwärmt Anja Kopp der Beamtin nach, die selbst als Triathletin an den Gay Games teilnahm.

Vertröstet wurde sie mit dem Einzug ins Finale. Daß sie ausgerechnet auf ihre Bremer Trainingspartnerin treffen würde, hatte keine der beiden vorausgesehen: „Wir wollten gewinnen, hatten damit aber niemals gerechnet.“ Beim „Wir“ blieb es, die beiden verabredeten sich zu amerikanisch leichtem Spaß am bierdeutschen Ernst und versprachen, sich gegenseitig im Court nicht allzusehr zu hakeln. Die ZuschauerInnen waren dankbar für die eingelegten Wandanbetungen und Wasserspielchen und bestätigten den BremerInnen, sie hätten „nicht nur ein gutes Spiel, sondern auch eine gute Show geliefert.“ Unter großem Applaus nahmen die Sportlerinnen ihre Medaillen entgegen, die sie nicht bloß ideell teilen wollen. Ob die Inschrift „Gib dein Bestes“ die Prozedur übersteht, bleibt abzuwarten.

Zusammenhalt bewiesen insgesamt die aus sportlichem Ehrgeiz über den Teich gestarteten „24 aus Bremen und umzu“. Natürlich fuhr niemand vor der ChristopherStreet-Demo nach Hause, zu der in diesem Jahr eine Million Schwule und Lesben in Downtown Manhattan einschwirrten. Angesichts der Menge sahen sich selbst konservativste Medien gezwungen, ihre Mauer des Schweigens um Stonewall zu brechen und erteilten dem 25 Jahre zurückliegenden, ersten schwul-lesbischen Aufstand schlagende Zeilen. Kein Wort der Erwähnung fanden dagegen die Golden Girls von Bremen in ihrer Heimatstadt. Aber wer weiß, vielleicht empfängt sie der Bürgermeister ja in vier Jahren, wenn sie aus Amsterdam zurückkehren, wo die fünften Gay Games stattfinden.

dah

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