Das Ballett der Bulldozer

■ Abtransport von 60.000 Tonnen Schutt / 11 Millionen Tonnen Baumaterial gehen über das Baulogistik-Zentrum

Eine Staubwolke liegt über den Sandbergen. Ein letztes Mal heben die beiden Bulldozer ihre riesigen Schaufeln, drehen sich wie im Ballett im Kreis und lassen die Erde in den letzten der 22 roten Güterwaggons fallen. Mit einem Ruck setzt sich die stählerne Schlange auf dem Baulogistik-Zentrum (Baulog) am Gleisdreieck in Bewegung. Die Fahrt der ersten 1.200 von über 60.000 Tonnen debis/Daimler-Benz-Erde geht nach Lübbenau-Süd. Dorthin sollen die Sand- und Trümmermassen in die vom Tagebau aufgeschürfte Lausitzer Landschaft gebracht werden, erzählt Bauleiter Herbert Jentsch.

Auf dem riesigen, 23 Hektar großen Baulog-Platz warten die über 60.000 Tonnen Sand und Trümmer aus den früheren Kellergewölben unter dem debis-Grundstück schon seit Wochen auf den Abtransport. Ein ganzes Heer von Lastern hatte den Schutt über die seit April installierte Behelfsbrücke am Schöneberger Ufer von der Baugrube zum Baulogistik- Zentrum umgesetzt. „Angesichts der Ansammlung von über 60.000 Tonnen Aushub war es höchste Eisenbahn, freie Fahrt für den Abtransport zu geben“, sagt Werner Remmert, Chef der Berliner Bahn AG, den staubig-schwitzenden Journalisten.

Die Bahn als Mitgesellschafterin der Baulog – ein Zusammenschluß der Investoren, des Senats und der Bahn zur Errichtung der Baustellenstadt für den Potsdamer Platz – habe für 34 Millionen Mark die Gleise erneuert. Der Potsdamer Güterbahnhof sei wieder in Betrieb genommen worden, um die Ver- und Entsorgung der Baumaterialien über die Schiene laufen zu lassen. „Nichts geht reibungsloser“, malt Remmert die perfekte Organisation an die Wand.

Von dem Erdumschlagplatz auf dem Baulog-Zentrum werden nun acht Trümmerzüge mit 22 Waggons täglich 4.000 Tonnen abtransportieren. Schon bald sollen 10.000 Tonnen und mehr in „44er Zügen“ folgen. Auf dem Höhepunkt der Bauarbeiten am Potsdamer Platz, zwischen 1996 und 1998, „kann die Kapazität auf 48 Züge gesteigert werden“, sagt Remmert. Nach der Disposition für die geplanten Baumassen von debis, Sony ABB und Hertie ist vorgesehen, bis zum Jahr 2002 über elf Millionen Güter per Bahn zu versenden: Sechs Millionen Tonnen Sand und Trümmerschutt müssen ausgehoben werden. Drei Millionen Tonnen Beton und zwei Millionen Stückgüter werden verbraucht.

Die Herrschaft der Logistiker, von Bürgerinitiativen und Stadtplanern wegen der flächenfressenden und -zerstörenden Besetzung des Gleisdreiecks kritisiert, plant die totale Vernetzung von Transport und Material: Am Landwehrkanal ist ein Verladehafen vorgesehen, hinter der Bahnrampe für den Baggertanz wachsen drei Betonwerke in den Himmel. „Außerdem“, rechnet Baulog-Chef Wilhelm Mauer vor, „bauen wir an der Möckernstraße den Standort für den Stückgut-Umschlag.“ Und wenn das alles fertig sei, errichtet er das „Baulog-Zentrum Nord“ am Humboldthafen. Dort warten der Bahnhof und das Regierungsviertel auf Maiers Bagger. Rolf Lautenschläger