■ Mit der Spesenquittung auf du und du
: Trinkgeld ade!

Berlin (taz) – Was in deutschen Restaurants durch die Mägen geht, ist keinesfalls Liebe. Es ist die Arbeit. Ohne Essen gäbe es vermutlich kaum eine Geschäftsanbahnung, geschweige denn einen -abschluß. Und weil es ohne Geschäftsabschlüsse ziemlich traurig um die deutsche Wirtschaft bestellt wäre, wird das Arbeitsessen gefördert, indem man die Kosten von der Steuer absetzen kann.

Seit jeher natürlich steht das Geschäftsessen bei deutschen Finanzbeamten im Verdacht, weniger der Arbeit als, verwerflicherweise, dem Vergnügen zu dienen. Der Vorschlag, das Arbeitsessen steuerrechtlich abzuschaffen, rief allerdings einen Sturm der Entrüstung bei Gastronomen, die massive Verluste befürchteten, und Wirtschaftsverbänden hervor. Weil aber die Beamten des Bundesfinanzministeriums gerade beim Ändern waren, machten sie aus der bislang schlichten Spesenquittung ein abschreckendes Antragsformular.

Dieses muß nun seit dem 1. Juli den Ort und Tag der Bewirtung, die Namen der Teilnehmer, den Namen des Einladenden, den Grund der Bewirtung und eine detaillierte Liste aller Speisen und Getränke enthalten. Auch das bequeme Aufrunden der Rechnungssumme um das Tringeld soll der Vergangenheit angehören: Das Servierpersonal muß den Betrag extra mit seiner Unterschrift (leserlich!) quittieren. Die Zahl der Durchschläge ist der Redaktion nicht bekannt.

Ganz offenbar aber hat Waigel bei der Trinkgeldregelung die Rechnung ohne die arbeitsessenden Geschäftsleute gemacht, die einerseits nicht vor den Kellnern als Geizlinge dastehen wollen, andererseits aber auch nicht das Trinkgeld aus dem Privatportemonnaie bezahlen wollen. Sie laufen Sturm. Gestern nun knickte Waigel ein und beteuerte, daß er ja ohnehin für eine praktikablere Lösung eingetreten sei. Schuld an der Regelungswut trügen die Länderminister. Trinkgelder sollten nun nach seiner, Waigels, Vorstellung auch ohne Unterschrift des Kellners geltend gemacht werden können. Gedacht wird an einen generellen Satz von zehn Prozent des Rechnungsbetrages oder einen Festbetrag zwischen 20 bis 50 Mark – aber wo listet man das Trinkgeld korrekterweise auf? Donata Riedel