: Durcheinander um US-Ruanda-Intervention
■ Angekündigte US-Landung in Ruandas Hauptstadt Kigali verzögert sich / Politiker wußten angeblich nichts davon / Cholera breitet sich nach Ruanda aus
Washington/Goma/Berlin (AFP) – Die Ankündigung des US-Generals George Jaulwan vom Mittwoch, heute werde mit der Landung eines ersten US- Truppenkontingents in Ruandas Hauptstadt Kigali die großangelegte US-amerikanische militärische Hilfsaktion „Operation Support Hope“ beginnen, hat in den USA ein gehöriges Durcheinander verursacht und die bereits mehrmals unmittelbar bevorstehende Truppenentsendung vermutlich weiter verzögert. Jaulwan hatte seine Ankündigung auf der Grundlage einer Planung gemacht, die die schon in Uganda stationierten US-Militärs bereits am Dienstag veröffentlicht hatten. In Washington wußten die verantwortlichen Politiker davon aber offensichtlich nichts.
Ein hoher Beamter sagte, Präsident Bill Clinton sei „schockiert“ gewesen, als er davon in der Zeitung las. Die Erklärungen Joulwans seien „ungenau“, sagte schließlich US-Verteidigungsminister William Perry. „Wir haben noch keine endgültige Entscheidung getroffen... Es wäre noch eine Anzahl von Tagen entfernt, sollten wir uns dazu entschließen.“ In Washington war davon die Rede, daß weder der Kongreß noch die Regierung Ruandas, noch internationale Stellen von der geplanten Truppenstationierung informiert worden seien – eine Behauptung, die angesichts der deutlichen Worte Clintons und Perrys am Wochenende über eine 4.000 Mann starke Militärmission für die ruandischen Flüchtlinge im zairischen Goma nicht sonderlich glaubhaft erscheint.
Vielmehr scheint es Koordinationsschwierigkeiten für diese laut Perry komplizierteste humanitäre Aktion der US-Militärgeschichte zu geben. US-Militärs haben erklärt, die zunächst nicht vorgesehene Truppenstationierung in Ruanda selbst, die der Rückkehr der nach Zaire geflohenen Ruander dienen soll, mache eine Aufstockung der geplanten Truppe auf weit über 4.000 Soldaten erforderlich. Ferner müsse erst geprüft werden, in welchem Zustand der Flughafen von Kigali sei. Nach US- Presseberichten ist Außenminister Warren Christopher überhaupt gegen die Militäraktion, da sie leicht in eine „Friedensmission“ mit den aus Somalia nur allzu bekannten kriegerischen Folgen degenerieren könnte. Vorerst scheint man sich darauf verständigt zu haben, vor einer Landung in Kigali ein förmliches Ersuchen der neuen ruandischen Regierung abzuwarten, das es bisher nicht gibt. Dessenungeachtet trafen am Donnerstag 18 US-Soldaten in Goma ein, wo sie die Landung und Entladung der US-Hilfsflüge organisieren sollten.
Unterdessen breitet sich die Cholera von Goma weiter aus. Erste Fälle sind aus der französischen „Schutzzone“ im Südwesten Ruandas sowie unter der zairischen Bevölkerung um Goma registriert worden. Unter den Flüchtlingen in Goma kam es zu ersten Fällen von Hirnhautentzündung, was die Hilfsorganisation Médecins sans frontières als Vorbote einer sich möglicherweise rasend schnell ausbreitenden Meningitis-Epidemie wertet. Von den bisher 60.000 nach Ruanda zurückgekehrten Flüchtlingen sind nach UNHCR-Angaben die meisten an Cholera erkrankt, was eine rasche Ausbreitung der Krankheit wahrscheinlich macht. Eine nicht nur auf Goma beschränkte Hilfsaktion erscheint daher jeden Tag dringlicher. D.J.
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