■ beiseite: Subventionstheater ruiniert Musical!
Aha. Da haben wir's. Das wird ja immer dreister: Nicht nur, daß Musicaltheater hierzustadt in die Gehäuse ehemaliger subventionierter Schauspieltheater einziehen, um von dort aus einige Zeit fröhlich von deren Ruf schmarotzen zu können (schließlich sagt doch kein Mensch zum Musicaltheater Berlin ernsthaft Musical Theater Berlin, sondern: ehemalige Freie Volksbühne!) – nein, jetzt werden auch noch die verbliebenen subventionierten Schauspieltheater dafür verantwortlich gemacht, wenn diese Zeit um ist und das Publikum nicht mehr in die Gehäuse der ehemaligen subventionierten Schauspieltheater strömt, weil da jetzt eben Musicaltheater drinsitzen, deren Vorstellungen es schlicht und einfach gar nicht sehen will. Von der globalen Betrachtung zum Anlaß kommend, will dies sagen: Friedrich Kurz' „Shakespeare & Rock'n'Roll“-Musical in der Schaperstraße hat im letzten Monat einen Verlust von 850.000 Mark gemacht, was prinzipiell noch keine Schande ist. Jetzt hat sich Kurz einen neuen Partner organisiert, Herrn Roland Berger. Der soll helfen, die Musicaltheaterfirma zu reorganisieren. Womit ja vielleicht zumindest verhindert werden kann, daß Kurz den Verein Freie Volksbühne, der ihm sein Theater für zwei Millionen Mark jährlich verpachtet hat, ruiniert — die Mietzahlungen sind schon im Rückstand. Peinlich aber wird es, wenn Herr Kurz jetzt das Preisniveau der subventionierten Theater dafür verantwortlich macht, daß er selbst derzeit keinen höheren Durchschnittspreis als 45 bis 50 Mark für sein Trallala-Potpourri erzielt. Wenn alle BesucherInnen durchschnittlich 70 Mark für „Shakespeare & Rock'n'Roll“ bezahlen würden, ja dann käme er schon über die Runden ... Bald werden die Musical-Manager noch selbst Subventionen verlangen, und wenn niemand aufpaßt, kriegen sie sie womöglich auch.
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