piwik no script img

Stark, wenn's brutal wird

■ Sommertheater: COAX' überarbeitet Version von „Intravenös“

Als sich COAX nach ihrem erfolgreichen Stück Drifting verstärkt dem theatralisch-erzählerischen Aspekt des Tanztheaters zuwandten und Intravenös zur Aufführung brachten, war das Echo verhalten. Nach ihrer jahrelangen Beschäftigung mit einer Tanzform, die aus dem Kampf mit den Kunstmaschinen Nik Baginskys resultierte, schien der Wechsel des Genres nur streckenweise geglückt. Die Geschichte von fünf Personen, die in einer Disko erst im Alkoholrausch ihre Hemmungen und Verstocktheiten ablegen, erschien thematisch zu zerdehnt und im erzählerischen doch etwas dürftig. Umso mehr erhoffte man sich von der Überarbeitung der Choreografie, die – einige Monate später – jetzt am Samstag beim Sommertheater Premiere hatte.

Doch ebenso wie die Uraufführung im April blieb die neue Version vor der Schwelle zur wirklich überzeugenden Arbeit stecken. Das liegt zum einen sicherlich daran, daß zwar entscheidende Schwachpunkte der ersten Inszenierung, wie der viel zu ausgereizte Schluß, korrigiert wurden, dafür aber damalige Stärken, wie die Musik und die Dynamik des ersten „Kennlern“-Teils, unverständlicherweise elimiert wurden. Zum anderen aber tauchen nach der Korrektur  doch Zweifel auf, ob die Gruppe mit der Hinwendung zum getanzten Theater dem richtigen Vektor folgt.

Denn stark ist Coax immer dann, wenn es brutal wird. So ist die Schlägerei in der Kneipe diesmal wesentlich konzentrierter und dichter choreografiert und die Sauf-Szene ist nach wie vor ein Hightlight aggressiver Choreografie. Aber der Versuch, die blasierte Isoliertheit in einer Disko tänzerisch darzustellen, wirkt doch streckenweise spannungslos und momenteweise albern. Trotzdem das Stück keine wirkliche Enttäsuchung ist, scheint doch Rica Blunks kämpferischer Impuls, mit dem sie treffsicher emotionale Gestörtheiten beschreibt, das Pfund zu sein, mit dem COAX wuchern sollte.

Till Briegleb

Noch heute, Halle 2, 19.30 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen