: Fischers Wahlkampf-Jogging
■ CDU-Wahlkampfauftakt: Gegen leere Köpfe und rote Socken / Fischer spürt unbekannte „Millionen für Minderheiten“ auf
Am Samstag hatte er noch beim abendlichen Jogging an der Außenalster jugendliche Frische bewiesen. Gestern eröffnete er dann, inzwischen wieder bei Puste, den hanseatischen CDU-Bundestagswahlkampf vor einer 500 köpfigen Rentnergang auf dem Hamburger Dom. Im Festzelt „Zum Ochsen“, trat der gescheiterte Bürgermeisterkandidat Dirk Fischer in die etwas groß geratenen Fußstapfen von Altkanzler Helmut Schmidt, der an gleicher Stelle im vergangenen Jahr als Voscherau-Wahlhelfer eine in Ehren ergraute ZuhörerInnenschaft mit markigem Populismus zu begeistern vermochte.
„Weder Sinn noch Herz für Deutschlands Aufbaugeneration“, wetterte Fischer etwas unbeholfen, habe Kanzlerkandidat Rudolf Scharping - in der kommenden Woche übrigens ebenfalls im „Ochsen“ auf Stimmenfang -, „der biedermännisch von einem Fettnäpfchen ins andere“ trete. Und bei Hamburgs SPD seien „die Köpfe und die Kassen leer“, wenn es um „irgendein Senioren-Projekt“ ginge.
Stattdessen würde, verblüffte Fischer auch die taz mit ihr bislang unbekannten Neuigkeiten, der Hamburger Senat „sich alle möglichen Projekte für Minderheiten“ ausdenken und „dafür Millionen locker“ machen. Hamburgs Ex-Bürgermeister Herbert Weichmann, so hatte Fischer herausgefunden, würde sich da glatt „im Grabe umdrehen“. Jawohl! Applaus!!
Nicht fehlen durfte im „Ochsen“ natürlich das Lied von der Volksfront. Als Gastinterpret dafür eigens engagiert: Der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Christoph Bergner. „Die rot-grüne Regierung in Magdeburg bedeutet eine Abkehr von der Marktwirtschaft und versperrt den Weg, der in den vergangenen Jahren eingeleiteten Erfolge in den neuen Ländern“, schimpfte der um sein Amt gekommene christdemokratische Politiker.
Damit war das Stichwort für Fischers großen historischen Rundumschlag gefallen: „Die SPD war gegen die Marktwirtschaft, gegen die Bundeswehr, gegen die NATO, gegen die Westbildung, gegen den festen Glauben an die Wiedervereinigung. Nun ist sie für Rot-Grün mit Duldung der Kommunisten“, faßte der CDU-Politiker ein knappes halbes Jahrhundet deutsche Geschichte prägnant zusammen. Solche Schnelldurchläufe durch Vergangenheit und Gegenwart können einem vermutlich wirklich nur beim Joggen einfallen. mac
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