Ferien mit Tante Ingeborg Von Uli Exner

Liebe Tante Ingeborg,

wirklich schade, daß Du gestern so überstürzt abgereist bist. Wir hatten noch so ein schönes Abschiedsessen arrangiert, Aalsuppe, Labskaus, Pflaumenkompott mit Schlagsahne und natürlich ganz viel Eierlikör. Deiner Nichte ging's gar nicht so gut heute morgen.

Na klar, wir verstehen schon, daß Du Dir nach Deinem Besuch bei der taz Sorgen gemacht hast um Onkel Herbert. Aber Du kannst Dir eigentlich ganz sicher sein, daß er die Sache mit Herrn Meyer-Bönnigstedt gar nicht mitbekommen hat. Der Onkel hat die taz doch noch nie ausstehen können, und außerdem wird unser Hamburger Lokalteil in Celle doch gar nicht ausgeliefert.

Du kannst Dir also sicher sein: Wir halten dicht und unsere Leser bestimmt auch. Die sind in solchen Dingen äußerst diskret. Außerdem sind es so viele auch wieder nicht.

Kommst Du nächstes Jahr eigentlich wieder? Schließlich gibt es da ja noch ein paar Sachen, die Du noch nicht gesehen hast. Hagenbecks Tierpark zum Beispiel, der würde Dir sicher gut gefallen. Und vielleicht kann ich Dich dann auch zur Bürgersprechstunde bei Herrn Voscherau anmelden. Der mag ältere Damen nämlich gut leiden, unser Bürgermeister, den wolltest Du doch gerne mal kennenlernen.

Wir beide, Deine Nichte und ich, würden uns jedenfalls ehrlich freuen, Dich im nächsten Sommer hier wiederzusehen. Wären doch ziemlich langweilig sonst, die Ferien in Hamburg. Ein Zimmer auf Sylt haben wir übrigens schon für Dich gebucht. Und Meerwassertrinken hättest Du dann auch frei.

Nur eine Luftmatratze, liebe Tante Ingeborg, die müßtest Du uns beim nächsten Besuch schon mitbringen. Unsere zu reparieren, ist mir nämlich nicht mehr gelungen. Ist uns nach wie vor unerklärlich, wie dieses Riesenloch da reingekommen ist. Sieht aus wie aufgeschlitzt. Kannst Du Dir das erklären? Na ja, Schwamm drüber, die Luftmatratze war ohnehin nicht sonderlich bequem, wie Du ja inzwischen weißt. Gibt es eigentlich in Celle einen guten Bandscheiben-Spezialisten?

Herzlich grüßen soll ich Dich übrigens von Herrn Meyer-Bönnigstedt. Er hat sich heute morgen nach Dir erkundigt und war recht betrübt, daß Du Dich nicht bei ihm verabschiedet hast. Vielleicht schreibst Du ihm ja mal ein Kärtchen. Wenn's der Onkel nicht merkt.

Grüße auch von Kurt und Jockel. Die beiden haben schon angefragt, ob Du nächste Woche wieder mitmachst beim Skatspielen. Insbesondere Kurt hätte sich sehr gefreut. Du weißt schon, das ist der, der dauernd „Kontra“ gebrüllt hat, wenn Du eine Frage zu Jockels Karten gestellt hattest.

Also, liebe Tante Ingeborg, sehen wir uns wieder im nächsten Jahr? Eins verspreche ich Dir jedenfalls: Ich schreibe nie wieder eine Zeile über Dich. Nie wieder. Darauf kannst Du Dich verlassen.

Bis bald, alles Gute wünscht Dir

Dein Uli