Den Schulden zum Trotz gedichtet

■ Neues aus Kellinghusen: „Die drei Leben des Detlev von Liliencron“ von Kay Dohnke

Unweit von Hamburg liegt im Schleswig-Holsteinischen der Ort Kellinghusen. Hier verbrachte Friedrich Adolf Axel von Liliencron (1844-1909), der später den Vornamen Detlev wählte, einen Großteil seines Lebens. Der Hamburger Literaturwissenschaftler und Journalist Kay Dohnke stellte folglich die Kellinghuser Jahre in den Mittelpunkt seiner Spurensuche nach dem Dichter, Lebemann und Militaristen, die soeben unter dem Titel Die drei Leben des Detlev von Liliencron erschienen ist.

In der Kleinstadt Kellinghusen, wo er etliche Jahre als Kirchspielvogt bei der Stadtverwaltung angestellt war, war Liliencron nicht gerade glücklich – trotz oder gerade wegen der als sehr gesellig geltenden Einwohner, die sich in einer Unmenge von Vereinen und bei „Kränzchen und Tänzchen“ vergnügten.

Erfrischend kurz und knapp geht Dohnke auf die Kindheit und Jugend des Dichters ein, um im Folgenden den Lebensweg des Mannes, der im Laufe seines Lebens über 20.000 Briefe mit Herzblut an Personen des öffentlichen Lebens, Vereine und Institutionen schrieb, minutiös nachzuzeichnen. Dem verarmten Adligen Liliencron hatte zunächst eine Karriere als Offizier offen gestanden, die er aufgrund seiner Schulden aber nicht weiterverfolgen konnte, und auch Verwaltungsbeamter war Liliencron nur solange, bis er sich schließlich dem Beamtentum verweigerte.

Als preußischer Offizier hatte Liliencron an den Kriegen 1866 und 1870/71 teilgenommen. Dohnke bedient sich zur Beschreibung dieses Abschnitts aus dem Zitatenschatz des Dichters, der sich einerseits als furchtloser Streiter für Kaiser, Volk und Vaterland darstellte, aber in seinen Briefen durchaus die Realität des Schlachtfeldes, das unmittelbare Erleben von Gewalt und Tod beschrieb, womit er sich von militaristischer Männerherrlichkeit entfernte.

Beim Übergang seiner beruflichen Laufbahn vom Offizier zum Kirchspielvogt in Kellinghusen wird ein zentrales Problem in Liliencrons Leben deutlich: das fehlende Geld. Fast bis an sein Lebensende hat Liliencron mit seinen Schulden zu kämpfen. Schließlich widmet er sich nur noch der schriftstellerischen Tätigkeit, die ihn allerdings auch gleich wieder in heftige Zweifel stürzt: „Überhaupt fängt mir an, meine Dichterei widerwärtig zu finden. Es ist alles so schal und langweilig. Ein Dichter muß mitten im Leben stehen (...) Ich hoffe stark, daß mein neues Buch auch mein letztes gewesen ist!“ Doch diese Notiz aus dem Jahr 1889 bewahrheitete sich nicht. Liliencron konnte vermehrt publizieren und wurde in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch von der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen. Doch mußte er noch bis zu seinem 60. Geburstag am 3. Juni 1904 warten, ehe er seine Schulden zurückzahlen konnte.

Hier endet der Bericht des Hamburger Literaturwissenschaftlers Dohnke, der das Bild eines depressiven Charkters vermittelt. Eine anschließende Beschreibung Liliencrons durch den Zeitgenossen Hermann Friedrichs über einen Besuch beim Dichter in Kellinghusen vermittelt einen weiteren plastischen Eindruck. Ausgewählte Gedichte und Erzählungen und eine umfangreiche Bibliographie beschließen den mit vielen Fotos und Zeitzeugnissen illustrierten Band.

Tammo Löffler/taz

„Die drei Leben des Detlef von Liliencron“, Ed. Olaf Plotz, ISBN 3-924416-05-2, 29, 80 Mark