: Keine Chance für Michael
■ Trotz Ausbildung: Abschiebung
Gesetz und Vernunft harmonieren mal wieder gar nicht. Obwohl sein Land dringend Fachkräfte braucht und obwohl er seit einem Jahr eine Lehre als Industriemechaniker absolviert, soll der 19jährige Michael Tezare Deutschland verlassen. Die Hamburger Ausländerbehörde hat ihm bereits die Arbeitserlaubnis entzogen, so daß der in einer Rahlstedter Jugendwohnung untergebrachte junge Mann seine Ausbildung unterbrechen und wieder Sozialhilfe beantragen mußte.
„Die Beamten der Ausländerbehörde haben gesagt, er solle sich hier nicht integrieren“, erbost sich Betreuer Bernd Loest, der Michael zum Amt begleitet hatte. „Aber die pochen nur auf die Buchstaben des Gesetzes und lassen vernünftige Gesichtspunkte nicht gelten.“
Michael war vor vier Jahren als 15jähriger vor dem Bürgerkrieg in Äthiopien geflüchtet. Er lernte schnell und gut deutsch und absolvierte die Mittlere Reife. Inzwischen haben sich die Zustände in seinem Heimatland beruhigt. Nach fast 40 Jahren Bürgerkrieg brauche die umkämpfte Provinz Eritrea dringend ausgebildete Fachkräfte, sagt Bernd Loest. Eine eigens in Frankfurt errichtete Kooperationsstelle organisiert deshalb ein Rückführungsprogramm für Flüchtlinge aus Eritrea, die sich in Deutschland zu Fachkräften qualifiziert haben.
Auch Michael Tezare beabsichtigt, nach dem Abschluß seiner Lehre zurückzukehren um beim Aufbau seines Landes mitzuhelfen. Doch sein Asylverfahren ist abgeschlossen. Die Bitte, ihn als Härtefall zu berücksichtigen, wurde im Mai auch vom Petitionsausschuß der Bürgerschaft zurückgewiesen.
„Abgelehnte Asylbewerber haben keinen gesetzlichen Anspruch, hier eine Ausbildung zu beenden“, sagt Ausländerbehörden-Sprecher Norbert Smekal. Höchstens, wenn es sich um einen überschaubaren Zeitraum von maximal drei Monaten handle, könne man die Ausweisung verzögern. Bis Tezare den Gesellenbrief in der Tasche hat, dauert es jedoch noch zwei Jahre. kaj
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen