: Mielke wollte Carlos Einsatz im Hinterland des Aggressors
■ M. Wolf zum Verhältnis der Stasi zu Carlos
Limoges/Berlin (AFP/taz) – Die DDR hat Carlos jahrelang geduldet. Wie der Leiter der DDR-Auslandsaufklärung, Markus Wolf, gegenüber der taz erklärte, wollte man „behutsam mit diesen Gruppen umgehen, um uns zu schützen“. Mielke habe jedoch auch „sicher einige Ideen gehabt, wie man sich in außerordentlichen Fällen dieser Leute bedienen könne“. Als Beispiel nannte Wolf den Aufbau einer Guerilla „im Hinterland des Aggressors“, ein Netz von Spezialisten, die Brücken sprengen und strategische Installationen hätten angreifen können.
Die Pariser Justiz hat gegen Carlos gestern die Ermittlungen wegen eines 1982 auf den Schnellzug Paris–Toulouse begangenen Anschlags wiederaufgenommen. Der bisher für die Akte zuständige Richter in Limoges übermittelte die Unterlagen an seinen auf Terrorismusfälle spezialisierten Pariser Kollegen Jean-Louis Bruguière. Bei dem Anschlag auf den Zug „Capitole“ waren fünf Menschen getötet worden. Angeblich soll das Attentat dem Pariser Bürgermeister Jacques Chirac gegolten haben, der eigentlich an Bord des Zugs sein sollte, dann aber kurzfristig auf die Reise verzichtete. Gegen Carlos ermittelte Bruguière bisher nur wegen eines 1982 in Paris begangenen Sprengstoffattentats, bei dem ein Mensch getötet wurde.
Der jordanische Geheimdienst soll nach sudanesischen Angaben den Aufenthalt des Top-Terroristen Carlos in Sudan veranlaßt haben. Die als regierungsnah geltende sudanesische Wochenzeitung El Massirah berichtete am Dienstag, die Jordanier seien wiederum vom US-Geheimdienst CIA zu dieser Aktion aufgefordert worden. Damit wurde zum ersten Mal das Land genannt, durch das Carlos Ende 1993 in das nordafrikanische Land gelangt sein soll. Die US-Regierung wollte Carlos den Angaben zufolge nach Sudan schicken, um dessen Führung besser eine Verstrickung in den internationalen Terrorismus vorwerfen zu können. Die jordanischen Behörden seien zur Zusammenarbeit mit Washington bereit gewesen, um sich nicht ihrerseits Terrorismusvorwürfen auszusetzen. Carlos war am 14. August in Sudan gefaßt und nach Frankreich ausgeliefert worden. Seite 10
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