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Koalition beschneidet Autonomie

■ „Berliner Hochschulkommission“ soll Studiengänge und Fachbereiche auflösen können / Universitäten sind dagegen

Die Senatskoalition läßt im Kampf gegen die Hochschulautonomie nicht locker. Bereits im vergangenen Jahr wollte sich Wissenschaftssenator Manfred Erhard (CDU) durch eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes das Recht verschaffen, Studiengänge an den Berliner Universitäten per Erlaß aufzulösen. Nach massiven Protesten von Studierenden und Unipräsidenten gegen das „Ermächtigungsgesetz“ hatte ihm die SPD jedoch im Wissenschaftsausschuß die Gefolgschaft versagt und sich als Gralshüter der Wissenschaftsfreiheit präsentiert.

Das muß der Senator diesmal nicht befürchten — waren es doch just Abgeordnete von SPD und CDU, die einen neuerlichen Vorschlag zur Autonomiebeschneidung auftischten. Demnach soll über die Aufhebung von Studiengängen und Fachbereichen eine „Berliner Hochschulkommission“ entscheiden dürfen, die sich aus je fünf Abgeordneten und Senatoren, den drei Unipräsidenten und vier Vertretern der Statusgruppen zusammensetzt. Aus welchen Fraktionen die fünf Parlamentarier stammen, entscheidet das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt: Das sichert der Großen Koalition eine Mehrheit von zehn zu sieben Stimmen.

An eine Majorisierung der Universitäten durch die Politik habe er bei dem Vorschlag „gar nicht gedacht“, versicherte dagegen der hochschulpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Eberhard Engler. Die Hochschulen, mit denen der Vorschlag allerdings noch nicht erörtert worden sei, „sind froh, wenn sie so ein Gremium haben“. Sein SPD-Kollege Bert Flemming sieht in dem Vorschlag ebenfalls ein Entgegenkommen der Politik. Ohne die „Hochschulkommission“ würde eben das Abgeordnetenhaus per Sparauflage die Einstellung von Studiengängen erzwingen.

Einstweilen zeigten sich die Beteiligten peinlich berührt, daß der Entwurf schon an die Öffentlichkeit gelangte, und bemühten sich, seine Bedeutung herunterzuspielen. Auch der Wissenschaftssenator gab sich bedeckt. Die Initiative liege bei den Abgeordneten, die Rolle der Senatsverwaltung beschränke sich auf „Mithilfe“, betonte sein Sprecher Peter Wagenknecht.

Für die bündnisgrüne Abgeordnete Sybille Volkholz ist der Entwurf schlicht „eine Neuauflage des ,Ermächtigungsgesetzes‘“. Ob der Wissenschaftssenator in die Hochschulen hineinregiere oder ein Gremium, „in dem CDU und SPD unter sich sind“, mache keinen Unterschied. Zudem sei eine Regelung, die „die Rechte der Hochschulen auf Null reduziert, nicht mit der Verfassung zu vereinbaren“. Auch die Universitäten sind von dem Vorschlag „nicht begeistert, noch 'ne neue Kommission einzurichten“, so TU-Sprecherin Kristina Zerges. Die Hochschulen seien zu eigenständiger Reform fähig: „Die TU war immer die Hochschule, die mit Reformideen an die Öffentlichkeit gegangen ist, und sie wird es auch diesmal machen.“ Ralph Bollmann

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