: Unmut über Preiserhöhung bei Taxifahrten
■ Droschkenfahrer sind über Berufsverbände und Verkehrsverwaltung verärgert / Für Taxigäste werden ab Oktober die Fahrpreise noch unübersichtlicher
Unter den Berliner Taxifahrern rumort es. Auslöser sind die für Anfang Oktober geplanten neuen Tarife. Doch was die Innung des Berliner Taxigewerbes und der Taxiverband Berlin – die immerhin neun Zehntel aller Berliner Betriebe vertrieben – mit dem Verkehrssenator vereinbart hat, ruft jetzt den Protest der Taxikutscher hervor. Eine für gestern geplante Mitgliederversammlung der Taxiinnung im Hotel Radisson Plaza mußte abgesagt werden. Offenbar gab es Befürchtungen, daß es zu Handgreiflichkeiten kommt.
Die Tarife sollen zum 5. Oktober umgestellt und in der Regel teurer sowie unübersichtlicher werden. Nur in zwei Fällen wird das Taxifahren billiger. Das Taxi für die Fahrt „um die Ecke“ kostet nur noch fünf Mark. Dieser Kurzstreckentarif gilt nur für Droschken, die auf der Straße herangewinkt werden und die der Fahrgast nicht länger als fünf Minuten sowie für weniger als zwei Kilometer in Anspruch nimmt. Und wer wiederum mehr als 35 Kilometer mit der Droschke zurücklegt, spart ebenfalls. Denn künftig wird der gefahrene Kilometer um so billiger, desto weiter man fährt.
Für die meisten Fahrgäste wird die Fahrt mit Chauffeur allerdings teurer werden. Die Grundgebühr wird von jetzt 3,80 Mark auf 4 Mark, der jetzige Kilometerpreis (tags 1,93, nachts 2,10) für die ersten sechs Kilometer um rund 20 Pfennig erhöht. Die Gebühr für die Wartezeit steigt von 50 auf 67 Pfennig pro Minute. Wer ein Taxi telefonisch bestellt, muß künftig gar statt 3,80 Mark Grundgebühr pauschal 6 Mark zahlen – die Kosten für die Anfahrtskilometer entfallen allerdings.
Für Verärgerung unter den Taxifahrern sorgt nicht nur, daß bei der Umstellung die Mehrzahl der Unternehmer neue – und vor allem teure – Taxiuhren anschaffen muß. Auch eine Umfrage der Verkehrsverwaltung, mit der die angebliche Unterstützung für die Erhöhung belegt wird, sorgt für Wirbel. Aufgrund von Protesten hatte die Verwaltung nämlich in den Sommerferien alle 4.072 Betriebe schriftlich nach ihrer Meinung gefragt. Die Tarif-Befürworter brauchten aber keine Karte zurücksenden: Nur den Gegnern wurde der Gang zum Briefkasten zugemutet. Trotz dieser Benachteiligung und Urlaubszeit protestierten immerhin 44 Prozent gegen das neue Fahrpreismodell. Die Verkehrsverwaltung wertete dieses Ergebnis dennoch zu ihrem Vorteil: „Die Mehrheit hat den neuen Tarifen zugestimmt“, interpretierte gestern Sprecher Tomas Spahn.
Der kleinste der drei Taxi-Lobbyisten, die Vereinigung Alleinfahrender Taxi-Unternehmer (VAT), fordert inzwischen von der Innung den Rücktritt des Vorstands. Hans Georg Reitz von VAT: „Wir kippen die neuen Tarife.“ Die VAT war zwar in der Vergangenheit für eine Fahrpreiserhöhung, nicht aber für die Umstellung auf einen Kurzstrecken- und Bonustarif. Daß der VAT gegen die neuen Tarife rechtlich vorgehen will, erschreckt weder die Führung der Taxi-Innung noch die des Taxi-Verbands. Dort will man an der Erhöhung trotz der Proteste festhalten. Verbandsvorsitzender Jochen Marquardt sagte gestern, die Verwaltung habe ordnungsgemäß die Handelskammer, das Landeseinwohneramt, die Fuhrgewerbeinnung und die Taxivertretungen angehört: „Ich kann Fehler nicht erkennen.“ Dirk Wildt
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