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Feuer auf Gelände des KZs Sachsenhausen

■ Brandanschlag auf die ehemalige KZ-Bäckerei / Staatsanwalt schließt „Racheakt der rechtsradikalen Szene“ nicht aus / Brandexperten aus Düsseldorf ermitteln

Berlin (taz/dpa) – Auf die ehemalige Bäckerei des Konzentrationslagers Sachsenhausen ist am Sonntag abend ein Brandanschlag verübt worden. Gegen 19 Uhr sei die Feuerwehr über einen Brand in dem stark verfallenen Gebäude verständigt worden, bestätigte gestern Erardo Rautenberg, zuständiger Staatsanwalt aus Neuruppin, gegenüber der taz. Er hält Brandstiftung mit rechtsradikalem Hintergrund für möglich. „Nach der Aufhebung des Freispruchs im Prozeß um den Brandanschlag auf die jüdische Baracke im September 1992 ist dies nicht ausgeschlossen.“ Wegen des mutmaßlich politischen Hintergrunds der Tat werde mit besonderem Aufwand ermittelt. Ein Brandexperte aus Nordrhein-Westfalen wird heute die Brandstätte untersuchen. Er kennt die Örtlichkeit bereits vom ersten Brandanschlag.

Besorgt äußerte sich gestern der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. Möglicherweise stehe der Anschlag im Zusammenhang mit dem am Montag beginnenden jüdischen Neujahrsfest.

Vom Brand betroffen wurden die Dächer eines Neben- sowie des Hauptgebäudes der früheren Lagerbäckerei. Das Feuer habe nach rund einer Stunde gelöscht werden können, sagte Staatsanwalt Rautenberg. Der Tatort liegt etwa einen Kilometer von der eigentlichen KZ-Gedenkstätte entfernt, am anderen Ufer des Oder-Havel- Kanals. Nach dem Krieg wurde die Bäckerei von einer Produktionsgenossenschaft weiterbetrieben. Nachdem diese den Betrieb eingestellt hatte, verfiel sie zusehends. Obdachlose aus dem Umkreis schlugen oft dort ihr Lager auf. An dem Haus gab es keinen Hinweis, daß es früher zum Konzentrationslager gehörte. Eine Übernahme durch die Mahn- und Gedenkstätte war nicht geplant gewesen. Allerdings hatte das Landratsamt Oranienburg den gesamten Komplex mit Wirkung vom 1. Juli 1994 vorläufig unter Denkmalschutz gestellt. Erst am vergangenen Freitag hatten Skinheads in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen randaliert. Gegen die vier Männer im Alter zwischen 23 und 29 Jahren war Haftbefehl erlassen worden. Die Polizei hatte „sofortige und ständige Maßnahmen“ zum Schutz der Gedenkstätte angekündigt. Im September 1992 war bei einem Brandanschlag in der Gedenkstätten Sachsenhausen die Baracke 38 mit dem jüdischen Lagermuseum zerstört worden. Der Vorfall ist bislang ungeklärt. Der Potsdamer Prozeß, bei dem 1993 zwei Angeklagte mangels Beweisen freigesprochen worden waren, muß nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes neu aufgerollt werden. Annette Rogalla

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