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Wenn der Briefkasten piept

■ Heute startet das Europäische Medienkunst-Festival in Osnabrück: Einblicke in Mailboxen und Videowelten

Die Medienmultis preschen munter voran, mit immer neuen visuellen Effekten und Spektakeln, und die Kunst hechelt etwas kurzatmig hinterher – so ist es die Regel in der Entwicklung der „Medienkunst“. Die Ausnahme davon bildet das Medienkunst-Festival in Osnabrück: In den 70ern als Workshop für Experimentalfilmer gegründet, hat das Meeting sich bis heute den Anspruch bewahrt, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Medien zu experimentieren – ohne gleich nach dem Publikumserfolg oder der Vermarktung zu fragen. So verspricht es auch die diesjährige Ausgabe. Neben der traditionellen Film- und Videoschau laufen Diskussionsforen, Lesungen und Workshops, die sich mit dem neuesten State Of The Art befassen: CD-ROM, Hypermedia, Cyber-space – stets verbunden mit der Frage, was man tatsächlich zum Nutzen der Künste mit dem ganzen Zeugs anfangen könnte.

Einige Antworten darauf bieten sich auf dem Festival schon mal an, in ganz unterschiedlichen Formen. Möglichkeiten interaktiver Kunstwerke werden in einer Schau in der Dominikanerkirche vorgestellt. Unter dem verheißungsvollen Titel „Hyperscratch“ z.B. zeigt der japanische Medienkünstler Haruo Ishii eine Installation, in der „bewußt populäre Elemente der MTV-Kultur aufgenommen sind.“ Vorgestellt wird ebenfalls die erste, hauseigene CD-ROM-Produktion des Festivals. Darauf sollen „Ausschnitte aus dem aktuellen Film- und Videoprogramm interaktiv erfahrbar gemacht werden“.

Noch weiter holt die Arbeitsgruppe „Brem.Net“ aus, ein Zusammenschluß elektronischer Mailboxen, der die Computerpost einem größeren Publikum zugänglich machen will. Unter dem Motto „Surfing the Internet“ wollen die Bremer die Vorzüge des neuen Kommunikationssystems vorführen – bis hin zur (geplanten) Vernetzung mit dem „World Wide Web“: Da lassen sich dann vom heimischen Terminal aus u.a. CD-Player in Kalifornien anwählen oder Videokameras in England; wenn alles glatt geht, darf das Osnabrücker Publikum auch die sagenumwobene Online-Musikvideobox namens „Kaleidospace“ in Gang setzen. Was die Kunst dann damit macht, ist für die Brem.Net-Leute dabei erstmal zweitrangig.

Darum kümmern sich dann ggf. die Beiträge der Video- und Filmkünstler des Festivals: 160 an der Zahl; zu erleben bis zum Sonntagabend. Wer nur die Kabinettstückchen unter den Kunstwerken genießen will, muß zumindest beim Abschlußprogramm „Best of EMAF“ am Sonntag um 22 Uhr erscheinen.

tom

Festival vom 7. - 11.9. in der Lagerhalle am Hasetor sowie im Haus der Jugend; Ausstellung in der Dominikanerkirche vom 7. - 25.9.

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