■ Das Portrait
: Jean-Louis Bruguière

Kein Terror-Fall ohne Richter Jean-Louis Bruguière. Seit zwölf Jahren ist das schon so: Wann immer in Frankreich eine Bombe hochgeht oder tatsächliche oder vermeintliche Schwerverbrecher auftauchen, ist „Bru-Bru“ zur Stelle. Der 51jährige ermittelte gegen die „Action Directe“ (das französische Pendant zur RAF), gegen die Mörder des iranischen Ex-Präsidenten Shapur Bakhtiar und gegen palästinensische und libysche Flugzeugattentäter – sein neuester Fall ist „Carlos“.

Frankreichs Terror-Richter Foto: Reuter

Gleich an seinem ersten Arbeitstag nach der Sommerpause verhörte er am Montag erst Carlos – der keine seiner 44 Fragen beantwortete, sondern lediglich darauf beharrte, daß er illegal nach Frankreich entführt worden sei – und anschließend acht maghrebinische Immigranten, die an dem Attentat in Marrakesch beteiligt gewesen sein sollen, bei dem Ende August zwei Spanier ums Leben kamen. Beide Fälle sind Spitzenthemen, und so wehte die orangefarbene Krawatte des bulligen Richters, der sicherheitshalber durch Geheimgänge zum Verhör erschien, durch alle Medien.

„Wenn wir den Terror nicht mit den Waffen der Justiz bekämpfen, wird die Demokratie kollabieren“, ist Bruguière überzeugt. Seit vielen Jahren hat er seine Methoden internationalisiert – „ich konnte nicht auf Maastricht warten“. Er arbeitet mit anderen europäischen Terrorexperten zusammen, reist ständig durch die Weltgeschichte – oft unter falschem Namen – und ist bekannt für die umfangreichen Dossiers, die er zusammenstellt. Französische Regierung und Geheimdienst unterstützen ihn großzügig.

Bei der Islamisten-Jagd jedoch, die in Frankreich gerade besonders hoch im Kurs steht, hat Bruguière auch schon radikal daneben gelegen. Mitte August hatte er den algerischen Journalisten Sayah Taleb wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen in Untersuchungshaft genommen. In dieser Woche kam Taleb wieder frei: Seine Anwälte konnten nachweisen, daß er nichts anderes als Recherchematerial bei sich hatte.

Bruguière, der in den 80er Jahren selbst ein Attentatsziel war, hat stets seine Magnum 357 dabei. Sein Büro und sein Dienstwagen sind mit Panzerglas geschützt, und seine Anfahrtswege zur Arbeit variiert er ständig. Die Pariser Wohnung des Untersuchungsrichters ist rund um die Uhr bewacht. Privat setzt sich Bruguière gern in das Cockpit einer Flugmaschine und hebt ab. Dorothea Hahn