Lemwerder: „Alle in einem Boot“

■ Gerhard Schröder badete in Emotionen auf der Siegesfeier

„Herr Ministerpräsident - ich sag' jetzt einfach „Du“ - Du sollst einen Superposten in Bonn bekommen, ob du das schaffst weiß ich nicht, aber du bist ein super Ministerpräsident“, sagte gestern BR-Vorsitzender Erwin Nowak auf der Betriebsversammlung der Aircraft Services Center (ASL) in Lemwerder. Dann umarmten sich die beiden Männer innig und Schröders Gesicht zum Publikum zeigte offenbare Rührung. Und die etwa 1.000 LemwerderianerInnen freuten sich über ihren gemeinsamen Erfolg in den Überlebensverhandlungen mit der Dasa und klatschten.

Trotz aller Rührung hatte die Stimmung in der Ernst-Rodiek-Halle in Lemwerder nichts von einer Ausgelassenheit oder Freude. Man gab sich nüchtern, ganz nach dem Motto des ersten Redners, Jürgen Ellwanger, Projektleiter: „Wir sitzten alle in einem Boot, nur gemeinsam kriegen wir die ASL wieder flott.“ Er selbst haben allein schon 50 Punkte, die er verändern wolle. Denn: „Wir werden das Werk umkrempeln müssen“, sagte er. Da klatschte dann erstmal keiner.

Schröder ließ das letzte Jahr Revue passieren, und lobte die Kämpfe der MitarbeiterInnen und die Betriebsräte. Über die neue Geschäftsführung meinte er: „Die tut gut daran, alles mit ihrem Betreibsrat abzusprechen.“

Die Werksangehörigen und die Bürger Lemwerders bewiesen Sitzungsroutine, nach all den Betriebsversammlungen. Der Auftritt Schröders war nur noch für wenige Anlaß, die Videokamera oder den Fotoapparat zu zücken. Fast ist er ja einer von „uns“, wie er selbst in seiner Rede betonte: „Wir werden das Unternehmen vor allen Dingen auf Wartung stützen müssen.“ Und das könnten „wir“ zu Preisen machen, die attraktiv seien für die Kunden, meinte Schröder. Nervöses Kirchern ging erst dann im Saal umher, als die Rede auf die geheime Verschlußsache des neuen Werk-Eigentümers kam. „Es ist so, daß sich über diesen Bereich niemand Sorgen machen muß...“ zögerte Schröder zunächst, um dann fortzufahren: „es ist ja bekannt, daß es die Tochterfirma einer Bank ist, aber nicht irgendeiner Bank, schon einer die wir kennen, sagen wir's mal so“. Kritik übte Schröder am Verhalten der Belegschaft des Dasa-Werkes Finkenwerder. Über eine Resolution hinaus hätte von dort mehr Unterstützung kommen können.

Zum Schluß seiner Rede kam er nochmal auf sein „ernstes Gesicht“ zu sprechen, daß er beim reingehen aufgesetzt hätte: „Mit war ein bißchen zum Heulen zumute, nach eineinhalb Jahren Kampf darf das gelegentlich auch so sein.“ Foto: Katja Heddinga

Vivianne Schnurbusch