Möbelpacker und Spinnen

■ Max Goldt las am Donnerstag in der SchlapplacHHalde

Max Goldt, der letztes Jahr mit Leichtigkeit das Schauspielhaus bis auf den letzten Platz gefüllt hatte, ließ gestern den Anrufbeantworter der SchlapplacHHalde heiß laufen. Wartelisten mit bis zu 40 Hoffenden bedeuten auch für heute abend: Keine Chance, den Schriftsteller aus der Nähe genießen zu dürfen. Dafür konnten sich die Anwesenden im fast schon intimen Rahmen über die gelassen vorgetragenen Texte beömmeln.

Ob nun das Märchen von der Gräfin mit der Negativbilanz, drei bettlägerigen ukrainischen Tingel-Tangel-Tänzerinnen oder zwölf Variationen über einen Möbelpackerwitz – das Publikum honorierte jede gelungene Stilblüte aus dem unerschöpflich scheinenden Fundus des in Berlin lebenden Skurrilitätensammlers. Das ehemalige Foyer des arts-Mitglied sorgte entspannt mit seinen treffsicheren Beobachtungen für gute Stimmung. Wenn der Autor den blühenden Einzelhandel in seinem Viertel beschreibt und seiner Sehnsucht nach einem Kopierparadies Ausdruck gibt, so spricht er uns allen damit ebenso aus der Seele wie mit der drängenden Frage: Was ist ekliger als Spinnenabdomensalat?

Neben den neuen Texten aus „Schließ' einfach die Augen und stell' Dir vor, ich sei Heinz Klunker“, was wohl keinem so recht gelungen sein dürfte, präsentierte Max Goldt auch seinen unverwüstlichen Klassiker „Die grausame Welt des Helmut Schmidt“. Darin bringt er dessen von der Bild ausgeplaudertes Statement zu den Gefahren übermäßigen TV-Konsums endlich in die richtige Form. Überhaupt beschäftigte sich Max Goldt mit den Rätseln unserer Zeit: Wie kommt jemand dazu, im Knorr-Kochstudio anzurufen? Was treibt die Verzweifelten in die Arme der Knäckebrotdosenhersteller und gibt es eine obdachlose Sexberaterin? Mit beneidenswerter Distanz enttarnte Goldt PC-Fetischisten und die abgeklärte Avantgarde. Trotz des schallenden Gelächters wird sich mancher in Onkel Max' Kulturtagebuch wiedergefunden haben. Vera Schönfeld