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Kino der Poesie

■ Veranstaltungsreihe über Pier Paolo Pasolini in der Akademie der Künste: Alle 22 Filme im Original und verschiedene Lesungen

Unter dem Titel „Mit den Waffen der Poesie“ beginnt am Donnerstag in der Berliner Akademie der Künste eine Veranstaltungsreihe über den italienischen Filmregisseur und Schriftsteller Pier Paolo Pasolini (1922-1975). Die Reihe wird mit einer Ausstellung eröffnet, zu der als deutsche Erstaufführung der Dokumentarfilm „Pasolinis Asche“ von Pasquale Misuraca über Leben und Werk seines Kollegen gezeigt wird.

Die Sängerin und Schauspielerin Laura Betti, die in Pasolinis Filmen mitwirkte und eng mit ihm befreundet war, sagte gestern in Berlin, sie habe niemanden gekannt, der das Leben so geliebt habe wie Pasolini. Die Direktorin der Pasolini-Stiftung in Rom beschrieb den Künstler als einen antikatholischen, aber tief christlichen Menschen. Seine Lebendigkeit sei immens gewesen. „Wir haben uns wie die Verrückten zusammen amüsiert“, sagte Betti, die unter anderem in den Pasolini-Filmen „Teorema“, „La ricota“ und „La terra vista dalle luna“ mitwirkte.

„Pasolini war nicht einfach ein großer Regisseur: Er hat ein Kino erfunden – kein poetisches Kino, sondern ein Kino der Poesie“, meinte Betti. Er habe den langsamen Niedergang, den Verlust der Werte angeklagt. In den letzten Monaten seines Lebens sei er voller Todesahnungen gewesen. Der Mord an Pasolini bleibe genauso rätselhaft wie alles, was in Italien passiere. Ein schönes Ziel der Veranstaltungsreihe sei, Pasolini besser zu verstehen, hoffte Betti.

Bis zum 23. Oktober bieten die Freunde der Deutschen Kinemathek im „Arsenal“ eine vollständige Retrospektive aller 22 Pasolini-Filme im Original. Hinzu kommen Filme, bei denen er das Drehbuch schrieb, unter anderem zu Bernardo Bertoluccis erster Regie in „La commare secca“ von 1962. Lesungen mit Dieter Mann, Walter Schmidinger, Peter Härtling, Peter Hamm, Sigrid Löffler und Peter Schneider sind vorgesehen. Laura Betti wird Pasolinis Gedicht „Eine verzweifelte Vitalität“ vortragen. Die Compagnia Teatral I Magazzini aus Florenz gastiert mit Pasolinis Theaterstück „Der Schweinestall“. Podiumsdiskussionen beschäftigen sich mit Pasolinis Schaffen.

Pasolini wurde 1922 in Bologna geboren. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Literatur arbeite er als Lehrer. Wegen seiner Homosexualität wurde er aus der Kommunistischen Partei Italiens wieder ausgeschlossen. In Rom schrieb er seine ersten Romane über sozial desorientierte Menschen. Wegen seiner als unzüchtig geltenden Schriften mußte er sich in über 20 Prozessen verteidigen. Für „Canterbury Tales“ erhielt er 1972 den Goldenen Bären der Berlinale. Die Ermordung Pasolinis am 2. November 1975 in Ostia durch einen 17jährigen Strichjungen erschütterte Italien und trug zur Legendenbildung um den genialen Außenseiter bei. dpa

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