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Der Streit um die Sezession Quebecs beginnt

■ Unabhängigkeitspartei gewinnt die Wahlen

Montreal (AP) – Die Freude der Unabhängigkeitspartei in der kanadischen Provinz Quebec ist leicht getrübt. Ihr Stimmenanteil von 45 Prozent bei den Parlamentswahlen vom Montag kann nicht als eine Vorentscheidung über die von ihr angestrebte Eigenstaatlichkeit gewertet werden. Aufgrund des Mehrheitswahlrechts erhält die für die Loslösung eintretende französischsprachige „Parti Quebecois“ nach den gestern vorliegenden Ergebnissen 77 der 125 Parlamentssitze. Die bisher regierende Liberale Partei schnitt mit 44 Prozent der Stimmen fast ebenso gut ab, bekommt aber nur 47 Mandate.

Die Parti Quebecois hatte angekündigt, im Fall eines Sieges werde sie innerhalb eines Jahres eine Volksabstimmung über den Austritt der Provinz aus dem kanadischen Staatsverband ansetzen. Der 64jährige Parteivorsitzende Jacques Parizeau, der voraussichtlich die künftige Provinzregierung leiten wird, feierte seinen Sieg unter dem Jubel von Anhängern mit den Worten: „Jetzt haben wir es geschafft. Wollen wir jetzt ein normales Volk in einem Land werden, das uns gehört?“

Trotz des Wahlsiegs der Unabhängigkeitspartei bleibt es fraglich, ob ein Referendum über die Loslösung von Kanada Erfolg haben könnte. Schon bei der Volksabstimmung 1980 war dies von 60 Prozent der Beteiligten abgelehnt worden. Ausschlaggebend für den Sieg der Parti Quebecois scheint auch vielmehr die schlechte wirtschaftliche Lage gewesen zu sein. In der Provinz mit sieben Millionen Einwohnern sind mehr als zwölf Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung arbeitslos. Bei Umfragen hatten viele Wahlberechtigte angekündigt, sie würden Parti Quebecois wählen, auch wenn sie nicht für den Austritt aus dem kanadischen Staatsverband seien. Sieben Prozent der am Montag abgegebenen Stimmen entfielen zudem auf die Demokratische Aktionspartei, die größere Autonomie, aber nicht unbedingt die Unabhängigkeit wünscht.

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