Offenbarungseid des Bildungssenators

■ Staatsrat Hoffmann vor 300 LehrerInnen: „Wir haben es hier mit einem Systemfehler zu tun“

Einen Offenbarungseid erster Klasse hat der Stellvertreter von Bildungssenator Henning Scherf, Staatsrat Reinhard Hoffmann geleistet. „Die Verantwortung für das Debakel bei der Umschichtung von Lehrkräften trägt eindeutig die Behördenleitung, das heißt ich selber zusammen mit Senator Dr. Scherf“, sagte Hoffmann gestern auf einer Personalversammlung vor rund 300 LehrerInnen in der Universität. Und weiter: „Ich habe Verständnis für die Konsequenzen, die von anderen daraus zu ziehen sind.“ Nach heftigen Zwischenrufen empörter LehrerInnen ging Hoffmann noch einen Schritt weiter: „Ich bin politischer Beamter und kann jeden Tag versetzt werden.“ Und eigentlich sei sein Arbeitsplatz sowieso „hier an der Universität“.

Dieser von den LehrerInnen laut beklatschte Wunsch Hoffmanns, doch bitte aus dem leidigen Staatsrat-Dasein in der Bildungsbehörde erlöst zu werden, kam spontan, im parallel verbreiteten Redemanuskript findet sie sich nicht. Anschließend holte Hoffmann zu einem Rundumschlag gegen die verknöcherten Strukturen der Bremer Bildungsbürokratie aus, der er selber weit über 10 Jahre vorgestanden hat. „Wir haben es hier mit einem Systemfehler zu tun“, sagte er, und: „Das generelle Verhältnis zwischen Behörde und Schulen stimmt nicht.“

Thema der Personalversammlung war der mißratene Versuch, zum Beginn des Schuljahres 220 LehrerInnen so zwischen den Bremer Schulen umzuverteilen, daß eine gleichmäßige Unterrichtsversorgung gewärleistet ist. „Wir hatten uns vorgenommen, diesmal wirklich besser zu sein als in vergangenen Jahren“, meinte Hoffmann, „doch das ist uns gründlich mißlungen.“ Tatsächlich hat die Behörde bis heute – fast zwei Wochen nach Ferienende – keine detaillierte Bedarfsplanung der Schulen vorlegen können. Die Folge: allerorten wird mit vorläufigen Stundenplänen gearbeitet, und hunderte von LehrerInnen befürchten, noch mitten im laufenden Schuljahr umgesetzt zu werden.

Zwar wurde die absolute Zahl der Versetzungen zwischen Bildungsbehörde und Personalrat inzwischen auf 100 reduziert, doch wen es konkret treffen wird, ist nach wie vor unklar. Und der gestern auf der Personalversammlung einstimmig verabschiedeten Forderung, keine Versetzungen gegen den Willen der Betroffenen vorzunehmen, will der Bildungssenator nicht folgen. Staatsrat Hoffmann auf mehrmalige Nachfrage: „Sie bekommen dafür keine Zusage von mir.“

Eine konkrete Auskunft darüber, was denn nun in der Bildungsbehörde verändert werden soll, damit in den kommenden Jahren ein ähnliches Versetzungsdebakel vermieden werden kann, bekamen die versammelten LehrerInnen ebenfalls nicht. Lediglich die vage Auskunft: „Ich glaube schon, daß wir in der Behörde nach der Umstrukturierung erheblich weniger Mitarbeiter haben werden.“

Erika Bosecker, Vorsitzende des Personalrats Schulen, würzte ihre Kritik am Versetzungsverfahren gestern mit einer Drohung in Richtung Bildungssenator Scherf. Der könne nun wohl kaum noch damit rechnen, daß GEW und Personalrat sich konstruktiv an einer Diskussion über die Neubewertung der LehrerInnenarbeitszeit beteiligen würden. Genau dies hatte Scherf vor zwei Wochen angekündigt.

Den gestern versammelten LehrerInnen gefiel das zerknirschte Eingeständnis des Staatsrates ganz offensichtlich. Doch als das GEW-Vorstandsmitglied Frank Poppe von einer „beispiellosen Versetzungsorgie“ sprach, gab es denn doch mehr Lacher als ernsthaften Applaus. Und vollends sorgte der Berufsschullehrer mit dem Eingeständnis für Heiterkeit: „Für viele Kolleginnen und Kollegen unserer Schule ist allein die Vorstellung, eine siebte oder achte Klasse zu unterrichten, die Hölle.“ Ase