: Klassenunterschiede
■ Champions League: Paris St. Germain – Bayern München 2:0
Berlin (taz) – Die Champions League ist eine zwiespältige Angelegenheit. Einerseits wiegen hohe Niederlagen in den Gruppenspielen nicht so schwer wie beim alten K.o.-System, wo sie das fast sichere Ausscheiden bedeuteten, andererseits helfen aber knappe Niederlagen nicht weiter – die Punkte sind unwiederbringlich dahin. Genauso zwiespältig ist das 0:2 der Münchner Bayern gegen Paris St. Germain. Die Schlappe beim vermeintlich stärksten Gruppengegner war zwar einkalkuliert, ist aber dennoch höchst unangenehm, denn nun, so Vize-Präsident Franz Beckenbauer, „müssen wir die restlichen Spiele fast alle gewinnen“. In diesen geht es je zweimal gegen Spartak Moskau und Dynamo Kiew und, am 23. November in München, gemeinerweise noch einmal gegen St. Germain.
Bedenklich beim Auftritt der Münchner im Pariser Prinzenparkstadion war jedoch weniger das Ergebnis als die Art der Niederlage. Der französische Meister war schlicht eine Klasse besser als sein deutscher Gegner, und das in allen Belangen. „Es hat mich irritiert, daß sie in der zweiten Halbzeit läuferisch stärker und spritziger sowie im Zweikampf überlegen waren“, wunderte sich Beckenbauer über den eklatanten Mangel an sogenannten „deutschen Tugenden“ im Bayern-Spiel. Oliver Kreuzer blickte meistens drein, als wäre ihm gerade sein Goldkettchen verrostet, so oft wurde er von seinem Gegenspieler David Ginola leichtfüßig umkurvt, der Brasilianer Valdo beherrschte das Mittelfeld, und vorn lauerte ein Stürmer, wie ihn die Bayern gerade verkauft haben: der Liberianer George Weah, der in seinem raumgreifenden Bewegungsablauf an den von München zu Atletico Madrid verscherbelten Kolumbianer Adolfo Valencia erinnert. Fußballer solchen Formats gab es im Bayern-Team weit und breit nicht zu sehen.
Weah war es, der in der 41. Minute nach Valdo-Ecke einen Lattenabpraller reaktionsschnell ins Netz setzte, in der 83. Minute gelang Bravo, wieder nach Valdo- Ecke, mit einem 16-Meter-Schuß das 2:0. Keine Chance hätte sich St. Germain herausgespielt und Tore bloß aus Standardsituationen erzielt, lästerte Lothar Matthäus anschließend, vergaß aber zu erwähnen, wie viele Standardsituationen sich die Pariser dank ihrer eklatanten Feldüberlegenheit herausgespielt hatten.
Es gebe nichts zu dramatisieren, sagte Vize-Präsident Nummer zwei, Karl-Heinz Rummenigge, andererseits sei „jede Niederlage, die die Bayern erleiden, überflüssig“. Die nächste in der Champions League wäre allerdings nicht nur überflüssig, sondern bereits ziemlich dramatisch für den Klub, der von der angestrebten europäischen Spitze noch ein gehöriges Stück entfernt scheint, wie auch Rummenigge gewohnt verbal- akrobatisch zugibt: „Wir können uns nicht in einem Atemzug mit Barcelona oder mit Madrid vergleichen.“ Matti
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