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Den Flüssen Leben einhauchen

Internationaler Küstentag in Hamburg gegen die Zerstörung der Flußmündungen / Ökologisch ruinöser Wettbewerb im Hafenbausbau  ■ Aus Bremen Klaus Wolschner

Zu „Wasserstraßen“ sind die Flüsse im Küstenbereich geworden, „Bundeswasserstraßen“ die größeren von ihnen. Aber während für andere Straßen Vorschriften über die maximale Größe der zugelassenen Fahrzeuge gelten, werden die Wasserstraßen seit über hundert Jahren immer weiter ausgebaut. Je größer die Schiffe und je weiter ihr Tiefgang, desto mehr werden die Flüsse zu Kanälen. Dagegen wehren sich seit Jahren ökologisch orientierte Wissenschaftler und unzählige Umweltschutzgruppen.

Zum 14. Male treffen sie sich seit Mittwoch zum „Internationalen Küstentag“. Auch einzelne Vertreter der Umweltbehörden verfolgen mit Interesse und zum Teil deutlicher Sympathie die Debatten und Arbeitsgruppen. Denn die Umweltpolitik steht den wirtschaftspolitischen Interessen weitgehend machtlos gegenüber.

Seit Jahren dauern die Konflikte an um die diversen Vertiefungen der Ems, damit die Meyer- Werft in Papenburg immer größere Schiffe bauen und bis zum Meer schaffen kann. Die Vertiefung der Unterweser steht bevor. Bremen will damit seine Nase ein paar Jahre vorn haben im Kampf gegen Hamburg und dessen Pläne der Elbe-Vertiefung.

Alle konkurrieren gegen alle und alle deutschen Hafenstandorte gegen die holländische Konkurrenz. „Jede Maßnahme wird behandelt, als sei sie die einzige. Es bedarf offensichtlich eines Küstentages, um den vollständigen Verlust essentieller ökologischer Funktionen der Flußmündungen bewußt zu machen“, erklärte der Oldenburger Wissenschaftler Prof. Thomas Höpner am Eröffnungstag der Konferenz.

Der Vorstandsvorsitzende der Umweltstiftung WWF- Deutschland, Carl Albrecht von Treuenfels, sagte, es gehe nicht darum, den wirtschaftlich blühenden Hafenstädten wie Bremen und Hamburg den Kampf anzusagen. Doch wirtschaftlichen Fehlentwicklungen sei entgegenzutreten, um „unseren Flüssen wieder mehr Leben einzuhauchen. Denn sie sind mehr als Wasserstraßen und Vorfluter für Abwässer aller Art.“ Die Umweltschützer widersprachen der Auffassung des Hafen- und Wasseramtes am Tagungsort Hamburg, daß nur eine Vertiefung der Elbe die Wettbewerbsfähigkeit des Hafenstandorts Hamburg sichern könne.

„Ihre Forderung nach einer Vertiefung der Fahrrinnen ist so unsinnig, wie es eine Forderung von Landspediteuren wäre, Autobahnen zu verbreitern und Brücken und Tunnel zu erhöhen, damit größere Lkw durchpassen“, erklärte der Wattenmeer-Experte der Umweltstiftung WWF, Holger Wesemüller. Im Küstenschutz an Nord- und Ostsee müßten neue Konzepte auf die Tagesordnung: „Wir werden an rigorosen Rückdeichungen vor allem in den Mündungsgebieten von Elbe, Weser und Ems nicht vorbeikommen, wenn wir es ernst mit lebenswerten Flußauen meinen.“

Die Umweltexperten fordern, daß die Schiffahrt sich an die Rahmenbedingungen der Natur anpaßt. Zumal die großen Containerschiffe auf den meisten Fahrten doch nicht vollen Tiefgang hätten, sei sogar die rein volkswirtschaftliche Rentabilität der Ausbauaktivitäten fraglich, rechnete Helmut Deecke vom Institut für Stadt-, Regional- und Transportforschung der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUH) vor.

Die deutschen Hafenstädte verheimlichen sich gegenseitig die Bilanz ihrer Hafenaktivitäten, meinte der Bremerhavener Grüne Manfred Scharmm. Mehr Zusammenarbeit könnte „konkurrenzbedingte volkswirtschaftliche Investitionsruinen“ vermeiden helfen. „Fehlenden ökologischen Gestaltungswillen“ konstatierte er gerade im Verhältnis Hamburg– Bremen: „Ein eindeutiger Fall von Politikversagen.“

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