: Streit um islamisches Eigentum
Jordanien protestiert gegen Übernahme der islamischen Heiligtümer durch palästinensische Autonomiebehörde / König Hussein betrachtet sich selbst als Hüter des Islam ■ Aus Jerusalem Amos Wollin
Der Konflikt zwischen Jordanien und der „Palästinensischen Nationalen Behörde“ PNA geht in eine neue Runde. Denn nach Beschluß der obersten Regierungsstelle im palästinensischen Autonomiegebiet unterstehen die islamischen Heiligtümer („Waqf“) im Gaza-Streifen, dem Westjordanland und Ost-Jerusalem seit Samstag dem neugegründeten PNA- „Amt für islamisches Eigentum“. Und Azmi Shueibi, eigentlich der palästinensische Minister für Jugendangelegenheiten, forderte Jordanien schon im Anschluß an die PNA-Sitzung auf, alle Waqf- Befugnisse und Autorität an das nun zuständige palästinensische „Ministerium“ in Gaza zu übertragen. – Doch der jordanische König Hussein, der sich seit Jahrzehnten als legitimer „Hüter“ der heiligen islamischen Stätten in Israel betrachtet, sieht in dem Beschluß eine Provokation. Nur Stunden nach der PNA-Sitzung in Gaza gab der jordanische Informationsminister Jawad Anani denn auch bekannt, sein Land beabsichtige, alle diplomatischen und rechtlichen Schritte gegen den Beschluß der PNA zu ergreifen. PNA-Sprecher wiesen die „unnötig schädliche“ jordanische Reaktion zurück. Denn diese sei dem „Bestreben beider Seiten nach Koordination“ nicht gerade zuträglich.
Aus palästinensischer Sicht wären sowohl Jordanien als auch die PNA verpflichtet, den entsprechenden Beschluß der Konferenzen der arabischen Außenminister und islamischen Staaten zu respektieren. Diese erkennen die Verantwortung Jordaniens für die islamischen heiligen Stätten nicht an. Doch trotzdem waren die Jordanier bisher für mindestens fünfzig islamische Institutionen und Heiligtümer verantwortlich und bestimmten auch deren Verwaltungsorgane. Und auch die Angestellten und Funktionäre der islamischen Institutionen am Westufer wurden bislang mit jordanischen Geldern bezahlt.
Daß die PNA angesichts ihrer finanziellen Krise gegenwärtig kaum in der Lage sein dürfte, derlei zusätzliche Auslagen auf sich zu nehmen, weiß niemand besser als Hassan Tahbub. Denn der Mann, der vor einer Woche zum PNA- „Minister für Angelegenheiten des islamischen Stiftungseigentums“ ernannt wurde, war schon in den Jahren 1967 bis 1983 Jordaniens verantwortlicher Waqf-Gouverneur in Jerusalem gewesen. Die Berufung Tahbubs könnte denn auch ein Angebot an Jordanien sein: Nach Aussage des PNA- Sprechers und Hausbauministers Dr. Zakaria Agha wurde er deshalb von der PNA für den Posten bestimmt, „weil ihn auch die Jordanier anerkennen“.
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