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Eurozentrisch und konservativ

■ Ein Resumee des viertägigen Naturforscherkongresses

„Zufrieden“ seien sie nicht gewesen, sagte gestern Hubert Markl, Vorsitzender der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, zum Abschluß des Hamburger Kongesses. Denn es seien nur 1200 TeilnehmerInnen zu den insgesamt 19 Vorträgen gekommen. Hat die Wissenschaft ein Problem?

Dem Motto der Veranstaltung „Wissenschaft in der globalen Herausforderung“ wurden die ReferentInnen nicht immer gerecht. Oft dominierte ein eurozentrischer Ansatz, häufig bezogen sich Vorträge nur auf deutsche Verhältnisse.

Ein Beispiel für falsch verstandenes globales Denken bot Helga Rübsamen-Waidmann: Die Virologin des Bayer-Konzerns stellte anhand der Infektions-Problematik (siehe Seite 20) die Länder der dritten Welt als Seuchen-Sümpfe dar: „Wenn man in Zentralafrika nie Fernstraßen gebaut hätte, wäre AIDS wahrscheinlich immer noch auf den afrikanischen Busch beschränkt“. Fast möchte man hinzufügen, „und nicht unser Problem“. Die westliche Welt hingegen gilt ihr – und vielen anderen konservativen WissenschaftlerInnen – wegen des erreichten medizin-technologischen Fortschritts anscheinend als Retterin der Menschheit.

Doch es fanden sich auch nachdenklichere Stimmen. Der Schweizer Klima-Forscher Hans Oeschger beispielsweise, der es sich mit Hinblick auf die bedrohliche Klima-Situation nicht nehmen ließ, seine KollegInnen zu fragen, ob es zu verantworten sei, zum jetzigen Zeitpunkt zu schweigen, aus Angst, die wissenschaftliche Reputation zu verlieren.

Auch das allgemeine Problem der Wissenschaft, ihre Glaubwürdigkeit verloren zu haben, schied die professoralen Geister. Während die einen sich darüber entrüsteten, betonte der Würzburger Ökologe Karl-Eduard Linsenmair, dies sei „zu Recht“ so. Schließlich habe die Vergangenheit gezeigt, daß Gutachten so ausfallen, daß sie den AuftraggeberInnen gefielen. Die Wissenschaft scheint tatsächlich ein Problem zu haben.

Annette Bolz

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