■ Kommentar: Hoffnung auf Promis
Keine Frage, Hamburgs neuer Innensenator wird sich nicht nur mit den Strukturen der Polizei, sondern auch mit denen der Hamburger Ausländerbehörde befassen müssen. Darauf haben gestern erfahrene Anwälte, amnesty international und 60 Künstler, Filmemacher und Schauspieler aufmerksam gemacht. Es ist kein einzelner herausragender Skandal, der dies gebietet, sondern eine permanente Umgangsweise mit Menschen, die nicht akzeptiert werden kann. Oder, anders gesagt: ein viel zu gut funktionierender Apparat, der Abschiebungen produziert und dabei vergißt, daß er es mit Menschen zu tun hat.
Fragt sich, warum es nun wieder Prominente sein müssen, deren Stimme mehr Gewicht haben soll. Ganz einfach: Weil Politik offenbar ein gewisses Element der Irrationalität beiwohnt. Beispiel: Jahrelang haben Polizisten geprügelt. Erst der Fall Dialle D. hat dafür gesorgt, daß frühere Vorfälle - etwa die gezielte Verletzung eines Journalisten - mit anderen Augen gesehen werden.
Doch es ist zu befürchten, daß diese Dynamik, die jetzt vielleicht eine Veränderung des Polizeiapparats bewirkt, an der benachbarten Ausländerbehörde vorübergeht. Der perverse Umgang mit Menschen - Abführen und Einsperren nach Stellen einer Fangfrage - ist hier weitgehend juristisch legitimiert. Die Ausländerbehörde ist Kritik gewöhnt, geradezu kritikresistent.
Da bleibt nur die Hoffnung unkonventioneller Überzeugungsarbeit. Etwa wenn ein Promimenter 80 Jahre wird und dem Bürgermeister bei Kartoffelsuppe von seinen Erkentnissen berichtet und diesem dieselbe wieder hochkommt - vielleicht.
Kaija Kutter
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