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Gewalt in Burundi ist kein Abschiebungshindernis

■ NRW wollte gestern Burunder abschieben

Berlin (taz) – Abschiebung ins Krisengebiet: Ein Flüchtling aus dem ostafrikanischen Burundi sollte gestern abend aus Deutschland in sein Heimatland verfrachtet werden. Dort häufen sich seit Wochen gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen dem von der Tutsi-Minderheit dominierten Militär und bewaffneten Milizen der Hutu-Mehrheit. Der 1992 nach Deutschland eingereiste burundische Hutu Gilbert Barangicenga, dessen Asylantrag am 7. September dieses Jahres abgelehnt wurde, saß gestern nachmittag noch im nordrhein-westfälischen Leverkusen in Abschiebehaft. Das Verwaltungsgericht Aachen hatte am Dienstag seine Klage gegen die drohende Abschiebung zurückgewiesen, da „Abschiebungshindernisse“ „nicht ersichtlich“ seien.

Barangicenga hatte am 29. Mai 1992 in Deutschland Asyl beantragt – um die Jahreswende 1991/92 hatte Burundis damals noch herrschendes Tutsi-Militär eine Hutu-Revolte niedergeschlagen und dabei nach Angaben einer belgisch-deutschen Untersuchungskommission 3.000 Menschen getötet. Er kam im Sommer in Abschiebehaft, nachdem er eine kurze Ehe mit einer Deutschen durch Scheidung beendet hatte. Am 15. August stellte er einen Asylfolgeantrag, in dem er die Befürchtung geltend machte, als Hutu in Burundi getötet zu werden. Dort hatten Ende 1993 die Tutsi-Militärs bei einem Putschversuch gegen Burundis ersten Hutu-Präsidenten Zehntausende Menschen umgebracht. Die Auseinandersetzungen der letzten Monate haben wiederum Tausende Todesopfer gefordert. Selbst die Hutu-Regierungsminister begeben sich jeden Abend zur eigenen Sicherheit nach Zaire; die staatliche deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) zieht gegenwärtig ihre Mitarbeiter ab.

Das Aachener Gericht nimmt die Lage zur Kenntnis und folgert: „Zur Zeit handelt es sich aber nicht um mehr als die Gefahr eines Bürgerkrieges.“ Abschiebungsschutz könne nur gewährleistet werden, „wenn eine akute Gefährdung nahezu eines jeden Staatsangehörigen des betreffenden Herkunftslandes zu bejahen ist“. Dies sei nicht der Fall. Ganz anders hatte erst vor wenigen Monaten das Bundesamt zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Falle eines Ruanders entschieden: Sein Asylantrag wurde unter anderem mit der Begründung abgelehnt, die Bürgerkriegssituation in seinem Land hätten „alle ruandischen Staatsangehörigen hinzunehmen“. Eine Stellungnahme der zuständigen Landes- oder Bundesbehörden war gestern nicht zu erhalten. Dominic Johnson

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