Ein neuer Volkswagen mit Ökoanstrich

■ Drei-Liter-Auto angekündigt / Neue Grenzwerte für Schwefel im Diesel

Berlin (taz) – VW fährt zweigleisig: Mit der gestrigen Ankündigung eines Autos mit einem Kraftstoffverbrauch von drei Litern auf 100 Kilometer bis zur Jahrtausendwende gibt sich der Wolfsburger Konzern einen Öko-Touch. Zum anderen wird ab Anfang Oktober der neue Polo ausgeliefert, der wegen einiger Schnickschnacks wesentlich schwerer und damit spritfressender ist als sein Vorgänger. Das Drei-Liter-Vehikel soll mit Diesel betrieben werden, kündigte gestern Winfried Bernhardt vom Konzernbereich Forschung an. Nicht nur bei 90 Stundenkilometern, sondern im sogenannten Drittelmix werde das Auto die geringere Spritmenge benötigen.

Trotz der Kampagne für benzinarme Autos ist Greenpeace nicht voll des Lobes. „Es gab schon viele derartige Ankündigungen“, sagt Wolfgang Lohbeck. Außerdem glaubt er, daß die Rechnung von VW geschönt ist, schon weil der Energiegehalt von Diesel um 20 Prozent höher liegt als der von Benzin. Hinzu komme, daß Diesel für 70 Prozent der krebserregenden Stoffe in der Stadtluft verantwortlich sei. An der Richtigkeit, ein Zwei-Liter-Auto zu propagieren, zweifelt er aber nicht. „Wir können keine Kampagne gegen Autofahrer, Autoindustrie und Mineralölhersteller zugleich führen“, meint Lohbeck. Ein technischer Ansatz zur Erreichung mittelfristiger Ziele sei richtig. „Abgasfrei, recyclebar und ohne fossile Brennstoffe – das wäre eine Langzeitlösung.“ Natürlich müsse eine andere Verkehrspolitik parallel dazu entwickelt werden.

Genau diese Strategie schätzt Willi Loose vom Ökoinstitut als Sackgasse ein. „Wenn man zur Zeit eine Drei-Liter-Auto-Kampagne fährt, schafft man einen zusätzlichen Markt.“ Vorwiegend als Zweit- und Drittwagen würden die neuen Autos angeschafft werden, prognostiziert er. Das aber laufe einer Verkehrspolitik, die zuerst auf Vermeidung, dann auf Verlagerung und erst an dritter Stelle auf technische Verbesserungen am Auto setze, diametral entgegen.

Um die Suche nach technischen Lösungen für die Verkehrsprobleme geht es auch heute im Bundesrat. Der Schwefelhöchstgehalt im Diesel wird von derzeit 0,20 auf 0,05 Gewichtsprozent reduziert und damit den EU-Vorgaben angepaßt. Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung jedoch weit drastischere Grenzwerte. Niedersachsen weist darauf hin, daß eine Raffinerie in Wilhelmshafen bereits einen Wert von 0,0001 erreicht und den Diesel regelmäßig nach Schweden exportiert. „Die Trägheit der großen Hersteller und der fehlende politische Druck verhindern hier eine weitere Reduzierung“, sagt Wolfgang Koehler, Wirtschafts- und Verkehrsreferent der niedersächsischen Landesregierung. Annette Jensen