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Wegen Heroin in Singapur gehängt

Der Holländer Johannes van Damme war im vergangenen Jahr wegen des Besitzes von 4,3 Kilogramm der Droge zum Tode verurteilt worden / Petition von Königin Beatrix ohne Erfolg  ■ Von Falk Madeja

Amsterdam/Berlin – Gestern morgen ist der Holländer Johannes van Damme in Singapur gehängt worden. Er ist der erste Westeuropäer, der in dem südostasiatischen Land wegen Drogenschmuggels hingerichtet worden ist. Im vergangenen Jahr war er zum Tode verurteilt worden. Der 59jährige Geschäftsmann war auf der Durchreise von Pakistan nach Nigeria auf dem Flughafen von Singapur festgenommen worden. In seinem Gepäck fanden die Behörden über vier Kilogramm Heroin. Sowohl die niederländische Königin als auch der neue Außenminister Hans van Mierlo hatten seit Wochen versucht, van Dammes Hinrichtung zu verhindern. Doch erst in jüngster Zeit wurde ein wesentliches Detail über den Angeklagten bekannt: Van Damme, der seit 1976 in Nigeria wohnte, war als Informant des Zentralen Kriminalamtes der Niederlande (CRI) tätig. Als solcher versuchte er, illegalen Ölverkäufen einer nigerianischen Organisation in den Niederlanden auf die Spur zu kommen. Erst zu Beginn dieser Woche legte van Dammes Anwalt einen Bericht des zuständigen CRI-Kontaktmannes über van Dammes Aktivitäten vor, in dem der Angeklagte als „vertrauenswürdig und integer“ beschrieben wird.

Bisher sei der Bericht zurückgehalten worden, um das Leben der Familie des Angehörigen in Nigeria nicht zu gefährden, hieß es. Auch Außenminister van Mierlo bestätigte, von dem Bericht gewußt zu haben. In den Niederlanden stößt diese Zurückhaltung auf Unverständnis. Viele sind davon überzeugt, daß van Dammes Leben hätte gerettet werden können, wenn der Bericht auf diplomatischem Weg nach Singapur weitergeleitet worden wäre. Van Damme hatte behauptet, das Heroin in seinem Koffer sei ihm von der nigerianischen Drogenmafia untergejubelt worden. Diese habe Rache gewollt, weil er CRI-Informant gewesen sei.

Singapur geht äußerst streng gegen Drogenbesitz vor. Jeder kann von der Straße weg auf den leisesten Verdacht hin verhaftet und zu einer Blutprobe verpflichtet werden. Wenn Drogenspuren nachzuweisen sind, dann kommt der Delinquent gleich ein halbes Jahr in ein Lager. Über Drogenhändler müssen die Richter seit 1975 die Todesstrafe verhängen. Als Händler gilt schon, wer 15 Gramm Heroin besitzt, seit 1980 wird auch beim Besitz von mehr als 500 Gramm weichen Drogen die Todesstrafe verhängt. Bei Kokain genügen gar 30 Gramm und bei Opium 1.200 Gramm.

Vor van Damme sind bereits 78 Menschen wegen Drogenhandels in Singapur zum Tode verurteilt worden. Die Hälfte davon waren Ausländer, Johannes van Damme war allerdings der erste Westeuropäer. Der „erste Weiße“, schrieb De Telegraaf.

Die holländische Regierung und amnesty international verhielten sich zunächst auffallend still, als ob sie aus den Erfahrungen der Amerikaner im Fall Michael Fay gelernt hätten. Im Zusammenhang mit der gegen den jungen Fay in Singapur verhängten Prügelstrafe hatten die Amerikaner eine in Asien höchst ungern gesehene Diskussion über kulturelle Unterschiede angezettelt, wobei die Machthaber in Singapur in solchen Fällen gern auf die Doppelmoral der westlichen Welt verweisen. Erst nachdem van Dammes letztes Gnadengesuch eingereicht worden war, schrieb Königin Beatrix der Regierung von Singapur einen Brief. Weil das anscheinend sehr spät geschah, gab es zunächst herbe Kritik in der niederländischen Presse. Später wurde der Königin zugute gehalten, daß sie wohl taktische Gründe hatte. Es wird in Holland nicht davon gesprochen, daß es sich um einen unfairen Prozeß gehandelt habe. Nur das Urteil wird kritisiert, wenn auch lange Zeit auffallend leise. Die Behörden hofften auf ein Wunder, denn vor einiger Zeit war Maria Krol, Tschechin mit holländischem Paß, in deren Hotelzimmer eineinhalb Kilo Heroin gefunden worden waren, am Ende doch freigelassen worden. Es heißt, der Richter habe seine letzte Verhandlung vor seiner Pension geleitet und habe sich nicht mit einem Todesurteil belasten wollen.

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