: Der wahre Strom-Gitarren-Country
■ Hochgeschwindigkeits-Rock'n'Roll: „Gaunt“ und „Nine Pound Hammer“
Country – das war mal mehr als fernwehgeschwängertes Geschnulze eines Willie Nelson oder das Radiofutter eines Kris Kristofferson. Country, der versoffene Großpapa des Rock'n'Roll, war mal der Soundtrack für den Underdog im amerikanischen Alptraum, die Musik zur Kneipenschlägerei, zu begießen mit schwarzgebranntem Fusel.
Das ist der andere, wahre Country, auf dem „Nine Pound Hammer“ sich beziehen, wenn sie mit Begriffen wie „Bluegrass“, „Blues“ oder ähnlichem, auf dem Papier wenig attraktiven Vokabular, in Verbindung gebracht werden. In Zeiten der für jedermann erhältlichen elektrischen Gitarre ist klar, daß der Country der vier Neo-Hillibillies aus Kentucky wohlverstärkt, wüst verzerrt, kurz: moderner klingt als Vorbilder wie Johnny Cash.
Geblieben sind aber die simplen Harmonien der Altvorderen, ein polka-trainiertes Gespür für Tanzbares und dafür, wie man aus drei altbackenen Akkorden einen höllischen, neuen Brei kocht. Dazu paßt Sänger Scott Laullens simples, aber stimmiges Weltbild. Das Resultat: bauernschlaue Texte, bei denen er mit rauchiger Kehle zugleich vor Jesus und Jack Daniels den Hut zieht.
Wesentlich langsamer ziehen auch Gaunt nicht ihre Strom-Gitarren aus dem Holster: Zehn Songs in achtzehn Minuten haben die vier aus Columbus, Ohio auf ihrer ersten LP vorgelegt. Und eigentlich müßte das dreiminütige „Lies“ als schnittsenkende Ballade davon noch abgezogen werden. Da werden selbst die New Bomb Turks neidisch. Schweiß und Hochprozentiges werden also auf diesem Konzert, einer Kooperation der Bremer Mini-Labels Virus X und Crauts, in Strömen fließen. Vor allem, weil gerüchteweise Flüssiges während des Konzertes zu Ramschpreisen über den Tresen gehen soll. L.R.
Heute abend um 20 Uhr im Römer, Fehrfeld 31
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen