: Rückholbare Zauberformel gegen Privat-TV
■ NDR weitet Regionalprogramm aus – vorläufig / Konkurrenz verspätet sich Von Uli Exner
Gefahr erkannt! „Die großen Medien-Konzerne setzen an zur Eroberung der Ballungsräume.“ Gefahr gebannt? „Wir ... weiten ... aus.“ Winfried Scharlau, Chef des NDR-Landesfunkhauses Hamburg, betont jedes einzelne Wort, als spräche er eine öffentlich-rechtliche Zauberformel gegen privaten TV-Spuk.
Dabei ist alles ganz weltlich: Mit einem leicht erweiterten Regionalprogramm will der NDR verhindern, daß allzuviele TV-Kunden zur neuen Privat-Konkurrenz „Hamburg 1“ umschalten. Ab 1. Oktober soll es deshalb im Dritten Programm bereits um 17.25 Uhr Hamburger Kurznachrichten geben, das trutschige Hamburg-Journal wird künftig auch am Samstag gesendet, ab 1. November soll außerdem um 18.35 Uhr eine zehnminütige Live-Sendung aus den Hamburger Stadtteilen zu sehen sein. Ähnliches ist in den Landesfunkhäusern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern geplant. Gefahr gebannt?
Hamburg-Journal-Chef Manfred Schröter gibt sich pflichtgemäß außerordentlich optimistisch, daß „wir unseren Erfolg ausweiten können“. Eine Million Mark haben die NDR-Gremien Schröter für die Programmausweitung genehmigt, allerdings unter der Bedingung, dafür keine zusätzlichen Redakteure einzustellen. Statt dessen sollen der regelmäßige Griff ins Archiv und der Einsatz freier Journalisten die Redaktion entlasten.
Grund für die personalpolitische Zurückhaltung: Der NDR möchte die Zusatzleistung „rückholbar“ machen, wie es Schröter-Chef Scharlau formuliert. Auf Dauer sei diese Programmerweiterung nur finanzierbar, wenn die Rundfunk-Gebühren angehoben werden. Wenn nicht ... wird der NDR-TV-Lokalteil wieder eingedampft.
Ob die gestern vorgestellten Veränderungen ausreichen, um die Hamburger im öffentlich-rechtlichen Heimatkanal zu halten, wird sich erst nächstes Jahr erweisen. Entgegen ersten vollmundigen Ankündigungen, Programmstart im Herbst 94, wird Hamburg 1 erst im Frühjahr über die Hansestadt kommen. Derzeit basteln die Eigentümer – darunter Springer-Verlag, US-Mediengigant Time Warner und OK-Radio-Chef Frank Otto – noch an einem tragfähigen Konzept. Derzeitiger Planungsstand des Low-Budget-Senders (Jahresetat 15 Millionen Mark): Stündliche Nachrichtensendungen, angeliefert von Miteigentümer Deutsche Fernsehnachrichtagentur (DFA), zweistündiges Hamburg-Magazin von 18 bis 20 Uhr, dazwischen „lokale Unterhaltungsflächen“ (O-Ton Hamburg 1-Geschäftsführer Ingo Borsum) und Teile des neuesten RTL-Ablegers „RTL-Club“.
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