piwik no script img

Slum- statt Slamdunks

■ Amerikanische Basketball-Filme auf dem Hamburger Filmfest / Der Sport steht dabei weniger im Mittelpunkt

Auch Sport-Fans wurden bei der Planung für das Filmfest Hamburg 1994 nicht vergessen. Im Rahmen der Sequenz „Basketball Movies“ werden fünf amerikanische Spielfilme gezeigt, in denen das schnelle Spiel mit dem orangenen Ball im Mittelpunkt steht – oder eigentlich doch nicht?

Der Sport, der hierzulande seit dem Auftritt des US-amerikanischen Dream Teams bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona und dem Gewinn der Europameisterschaft durch die deutsche Mannschaft ein Jahr später einen eher herbeigeredeteten, denn realen Boom erlebte, dient lediglich als Köder, um die Massen ins Kino zu locken. Basketball ist nur vordergründig Thema der Filme. Eine attraktive Begleiterscheinung. Nur Unterhaltung trifft jedoch nicht die Intention der Regisseure. Sie wollen die Zuschauer für Rassenkonflikte, soziale Probleme und andere Krisensymptome der (nicht nur) US-amerikanischen Gesellschaft sensibilisieren.

Anhand zweier Schicksale zeichnet Regisseur Steve James in seinem dreistündigen Dokumentarfilm „Hoop Dreams“ (heute um 17 Uhr, Abaton) ein Bild der schwarzen Slums. Er erzählt einfühlsam die authentische Geschichte der Basketballtalente William Gates und Arthur Agee, die dem sozialen Aufstieg hinterherjagen, um aus dem Ghetto herauszukommen. Ihr großes Ziel: für die Profiliga NBA ausgewählt zu werden. Für ihre Familien sind sie Hoffnungsträger, denn noch nie hat einer von ihnen ein College besucht: der Sport als Schlüssel zum besseren Leben. Doch von einer halben Million basketballspielender Jungs an allen US-High Schools gelangen lediglich 25 für möglicherweise nur eine Saison in die NBA. Der Film zeichnet das Leben der beiden Teenager auf – ihre täglichen Fluchten, ihr Umfeld und ihre verzweifelte Suche nach einer eigenen Identität. Wie schwer der Weg aus dem Ghetto ist, muß William am eigenen Leib erfahren: Eine Knieverletzung durchkreuzt vorerst seine Pläne.

Weiterhin laufen: „Above The Rim“ (heute um 17.30 Uhr, Streit's) und „The Air Up There“ (heute um 22.30 Uhr, Alabama). Morgen folgt „Blue Chips“ (15 Uhr, Streit's) und am Montag „White men can't jump“ (22.30 Uhr, Alabama).

Die fünf Filmfest-Beiträge, die alle in den letzten zwei Jahre gedreht wurden, markieren eine Wende im Kinobusiness, denn zuvor war Basketball nie mit Erfolg auf die Leinwand gebracht worden. Daß sich der Basketball-Film jedoch als Genre etabliert, ist zweifelhaft. Er ist vielmehr die etwas positivere Variante des Ghetto-Films, die durch die sportlichen Aspekte die Trostlosigkeit in den Slums nicht ganz so ausweglos erscheinen läßt. Sie bietet den Jugendlichen Idole – wie Shaquille O'Neal in „Blue Chips“ – an denen sie sich orientieren können. Basketball statt Straßenkampf – bestimmt sinnvoller. D.Pfeiffer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen