: Mösen-Linguistik
■ Auch eine Art Service: Lesung und Sexspielzeugberatung von Laura Merrit
Wenn Ihnen demnächst Ihre Freundin gesteht, sie habe die Möse voll von Ihnen, dann fahren Sie nicht gleich aus der Haut, sondern machen sich erst mal auf den Weg in den nächsten Frauenbuchladen. Ab heute finden Sie dort nämlich das erste „Lesbische Wörterbuch“, das mit Definitionen und Parodien Auskunft gibt über erotisches Allerlei von A bis Z. Der Sicherheit halber nehmen Sie das Buch am besten gleich mit, denn hier erfahren Sie nicht nur, daß Ihnen Ihre Freundin soeben eine wunderschöne Liebeserklärung gemacht hat, sondern unter dem Buchstaben M auch alles weitere in und ums „Möseln“ herum.
Kein Grund zur Panik also, denn Laura Merrit, der Autorin dieses Sexikons für „Animösitäten und Sexkapaden“, können Sie vertrauen: Sie arbeitet nicht nur seit Jahren im lesbischen Escort-Service und mischt ganz vorne in der Huren-Bewegung mit, sondern ist von Haus aus auch feministische Linguistin, die vorzugsweise den Lesben aufs Maul schaut. Und sie ist Inhaberin des ersten Berliner Frauen-Sex-Shops, der nicht, wie die taz fälschlicherweise meldete, erst kürzlich eröffnete, sondern von Laura Merrit seit fünf Jahren schon heimlich, still und leise in Charlottenburg betrieben wird. Da jedoch nur Insiderinnen bisher ihre Einkäufe dort erledigten, hat sich die geschäftstüchtige Frau im Rahmen der liebeslustigen Veranstaltungsreihe XXX-xtrem eine kluge PR-Aktion ausgedacht: im Anschluß an ihre Lesung aus dem „Lesbischen Wörterbuch“ stand eine sogenannte Sexspielzeugberatung auf dem Programm.
Auf die waren die über 100 Frauen, die in das Kellergewölbe der Neuen Schönhauser gekommen waren – eingestandenermaßen auch die Verfasserin dieser Zeilen – natürlich besonders gespannt. Wenngleich der Gang in den Sex-Shop nun endlich auch zur Sache der Frauen wird – der erste Schritt ins Dickicht dieser Werkzeuge ist schwer. Und weil Laura Merrit um die Berührungsängste ihrer potentiellen Kundinnen genau Bescheid weiß, plappert sie bei ihrer Mega-Dildo-Show auch so munter drauflos, als stünde sie gerade an einem Stand von Karstadt und priese Kartoffelschäler an. Im weißen Kittel, Strapsen und ohne Slip steht sie hinter einem Präsentiertisch und packt aus ihrem Ficknick-Köfferchen einen Dildo nach dem anderen aus. Dildos aller Couleur, große und kleine, mit und ohne Noppen, Dildos in Zucchini- Form, als Kaktus oder Elefant, und selbstverständlich gibt's das Ganze auch den höchst eigenen Wünschen entsprechend, maßangefertigt natürlich. Denn schließlich, so zitiert sie sich am Ende selbst aus ihrem Wörterbuch, ginge es doch stets nur darum, „alle Möslichkeiten in Erregung zu ziehen“. Und auch wenn der Dildo bis dahin noch nicht alle überzeugt hatte, Laura Merrits Sexikon hatte es allemal. Andrea Kern
Weitere XXX-Veranstaltungen noch heute und morgen, ab 21 Uhr, Neue Schönhauser Straße 19.
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