: IG Bau beklagt Wildwest am Bau
■ Gewerkschaftstag in Dresden
Berlin (taz/AP) – 1,4 Millionen regulär Beschäftigte arbeiten hierzulande im Bauhauptgewerbe. Hinzu kommen noch mal 500.000 Arbeiter, die illegal ackern oder zumindest nicht nach deutschem Tarifrecht entlohnt werden, so schätzt die IG Bau, Steine, Erden. Werkverträge und Subunternehmertätigkeit würden dabei oft als Tarnung mißbraucht für illegale Leiharbeit und Lohndumping, tadelte der IG-Bau-Vorsitzende Bruno Köbele gestern anläßlich des 16. Gewerkschaftstages seiner Organisation in Dresden.
Die Leidtragenden dieser Wildwestmethoden sind laut Köbele die Bauarbeiter und Tausende kleiner und mittlerer Bauunternehmen, die von legaler Subunternehmertätigkeit leben. Köbele rief gestern die öffentlichen Auftraggeber auf, von Aufträgen alle Unternehmen auszuschließen, die sich an solchen Beschäftigungspraktiken beteiligen.
Unliebsame Konkurrenz aus Westeuropa schuftet dabei keineswegs immer illegal auf deutschen Baustellen. Seit dem 1.Januar dieses Jahres gilt die Freizügigkeit im europäischen Binnenmarkt: Portugiesen beispielsweise, die hier über Subunternehmer beschäftigt sind, können nach frei ausgehandelten Tarifen bezahlt werden. Auch billige britische Bauarbeiter, die sich als Selbständige auf deutschen Baustellen verdingen, drängen einheimische Kräfte vom Mark.
Die Grenze zur Illegalität ist allerdings schnell überschritten: sind die billigen ausländischen Arbeitskräfte beispielsweise nicht bei einem Subunternehmer regulär beschäftigt, ist die Vermittlung schlichtweg illegale Leiharbeit. Auch bei den britischen „selbständigen“ Bauarbeitern handelt es sich zumeist nur um verdeckt abhängig Beschäftigte. „Wenn die Unternehmer im Bereich Innovation auch so erfinderisch wären wie beim Sozialdumping, dann wäre es um die Wirtschaft besser bestellt“, meint dazu Werner Köhler, Sprecher der IG Bau.
Lohndumping ist das chronische Problem der Baubranche. Den Gewerkschaftstag bis zum 14. Oktober beschäftigten allerdings vor allem interne Umstrukturierungen. Den 381 Delegierten liegen auf dem einwöchigen Kongreß rund 260 Anträge zur Satzung und zu allgemeinen politischen Fragen vor. Der Gewerkschaftstag soll den Weg freimachen für die Fusion mit der Gewerkschaft Gartenbau, Landwirtschaft und Forsten im kommenden Jahr. Die IG Bau wird wie andere Gewerkschaften vom Mitgliederschwund geplagt. Im Zeitraum von Dezember 1991 bis Dezember 1993 hat sie 14 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Von den rund 650.000 Organisierten sind bereits 44 Prozent 50 Jahre und älter.
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