: Vergewaltigungg
■ Fanny Müller - Die 25. Geschichte von Frau K.
ch stehe bei Frau K. in der xWohnstube und plätte ihr gutes Schwarzes, das sie zu Ilses Silberhochzeit anziehen will. Sie hat sich die Hand verstaucht, als sie Trixis Futternapf füllen wollte. Trixi in ihrer Freßgier hatte ihr den Stock weggeschlagen und sie war hingefallen. „Verbrecher!“ sagt Frau K. und fixiert aufgebracht ihre Wachhündin, die platt unter der Heizung liegt und woanders hinguckt. Ich angele mir das Ärmelbrett und Frau K. beobachtet mich, ob ich auch keine Falten in die Ärmel bügele. „Die ham ja gestern eine im Sterni-Park vergewaltigt“, eröffnet sie mir. Es klingelt. Anneliese Köster stürmt herein, um uns eben diese Nachricht zu überbringen. „Und wißt ihr, wer das war? Die Lütte, die früher bei Tausend Töpfe anner Kasse war! - Hassu ma –n Schnaps?“ „Na sowas“, sagt Frau K., „und wen hat die vergewaltigt?“ Anneliese hört gar nicht hin und holt die Flasche Cherry Brandy vom Vertiko runter. „Die hat aber auch immer Röcke an ... bis da.“ Sie zeigt auf eine Stelle in Höhe ihres Bauchnabels. „Meine Tante“, sagt Frau K., „die ham sie auch ma vergewaltigt, da trug die aber Röcke mit ner Schleppe. Und –n Korsett. Da kenn die nix.“ Anneliese findet, daß man Männer nicht provozieren muß, und abends spazierengehen, das ist ja auch nicht nötig. Sie schenkt sich ein Glas Likör ein. Ich stelle das Ärmelbrett beiseite und gebe zu bedenken, daß manche Frauen Spätschicht haben. Anneliese bleibt hartnäckig. „Denn müssen die sich vernünftig anziehn!“ Frau K. ist auch dieser Meinung: „Altes Zeuch, büschen schielen, humpeln is auch nich schlecht.“ Sie kommt richtig in Fahrt. „Keine Haare waschen, Berchstiefel an, ne Eisenstange inner Hand. Und denn ganz gemütlich aufe Straße. Anneliese, du bis doch nich ganz dicht.“
Heute abend um 20 Uhr wird Fanny Müller im Literaturlabor (Lindenallee 40) aus ihren Werken lesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen