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Wirtschaftsverbände danken den Gewerkschaften für den Aufschwung

■ An der Börse bleibt das Kursfeuerwerk für den Kanzler aus

Berlin (taz/dpa) – Rot-grüne Reformen haben die Wirtschaftsverbände während des Wahlkampfs gern als Schreckgespenst gezeichnet. Das hat sie gestern nicht daran gehindert, Teile des vorgestern noch verteufelten Katalogs nun ihrerseits zu fordern. Der Bankenverband nannte in einem wirtschaftspolitischen Wunschzettel an die neue Bundesregierung an erster Stelle die klassischste aller sozialdemokratischen Forderungen: den Abbau der Arbeitslosigkeit. Ferner sprach er sich für eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte aus.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mahnte ebenfalls „gewaltige Reformvorhaben“ für die neue Legislaturperiode an. Dies gelte zuallererst für den notwendigen Umbau des sozialen Sicherungssystems, damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nachhaltig gestärkt werde. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dachte zunächst an die eigenen Mitglieder und forderte eine Steuersenkung für Unternehmen. Der BDI sprach sich außerdem für eine Rückführung der Staatsquote (Anteil aller Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt) aus. Wie der BDA mahnte auch der industrielle Spitzenverband eine Sicherung des Sozialsystems an, worunter er wiederum die Senkung der Kosten desselben für Arbeitgeber meinte.

Daß Kohl der „Vater des Aufschwungs“ sei, glaubt im übrigen vielleicht das Volk, aber nicht die Mehrheit der Unternehmer. In einer Umfrage des Münchner ifo-Instituts im Auftrag der Wirtschaftswoche nannten die 701 befragten Unternehmer an erster Stelle die Gewerkschaften mit ihren zurückhaltenden Lohnforderungen als Verantwortliche für den Aufschwung. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung nannten nur 43 beziehungsweise 35 Prozent als konjunkturbelebendes Element, die Mehrheit hielt sie eher für schädlich.

Großunternehmer, das fand der WDR bei einer Umfrage unter 400 von ihnen heraus, mögen auch Regierungen der elefantösen Dimension: Nicht die bisherige Koalition, sondern eine Große Koalition von CDU und SPD würde ihre Bereitschaft zum Investieren am meisten fördern. 39 Prozent der befragten Unternehmen nannten auf die Frage „Welche Regierungskoalition fördert Ihre Bereitschaft zum Investieren am meisten?“ die bisherige Regierung, 44 Prozent aber eine Große Koalition. 17 Prozent der befragten Unternehmen setzten sogar auf rot-grüne Experimente.

Lediglich der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) sang das erwartete Loblied auf die altneuen Koalitionäre: Die Mehrheit der Wähler habe der Regierung den Auftrag gegeben, die „Politik der Währungsstabilität“ fortzusetzen.

An der Börse wiederum wich die kollektive Angst vor Rot-Grün nicht ganz. Nachdem der Deutsche Aktienindex DAX zunächst 40 Punkte zugelegt hatte, schloß er mit 2.090,88 um 14,85 Punkte niedriger. Die auf nur zehn Sitze im Bundestag geschrumpfte Mehrheit der Bonner Regierungskoalition sei von vielen Investoren mit Sorge aufgenommen worden, erklärten Händler.

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