Nicht auf den Punkt gebracht

■ betr.: „Ökosteuer: Konzept mit Tücken“, taz vom 13.10.94

Die Überschriften der taz bewundere ich oft. Aber die Headline zur Ökosteuer habt Ihr nicht auf den Punkt gebracht: Die Umweltsteuer an sich ist kein „Konzept mit Tücken“, sondern eine rettende Idee mit vielen Möglichkeiten. Und zwar ist sie nicht etwa dort rettend, wo auch Ihr den großen Akzent setzt, nämlich, daß sie erfreulicherweise auch mehr Arbeitsplätze beschert, sondern weil sie uns als wichtigstes systemadäquates Lenkungsmittel einer Marktwirtschaft vom Todeskurs der Industriegesellschaft wegführen kann.

Natürlich stellt sich bei dieser Idee die Frage nach dem besten Konzept zur Umsetzung, und hier mag eine Tücke des Objekts liegen. Doch das größere Problem sind die fehlenden Konzepte zur Durchsetzung, deren Fehlen Erwin Single im Kommentar zwar auch bemängelt – doch leider wird dabei nicht deutlich, von welch entscheidender Bedeutung dieser Punkt ist! Denn obwohl die Frage nach Durchsetzungsmöglichkeiten zur Überlebensfrage geworden ist, überhören die FürsprecherInnen von Ökosteuern diese Frage tunlichst, weil sie höchst unbequem ist.

Ein wirklich wirksames Umweltsteuerkonzept würde sinnvollerweise bewirken, daß vieles teuerer wird. Der Liter Benzin zum Beispiel, müßte etwa fünf Mark kosten, wenn wir auch die Naturzerstörung und anderes mit hineinrechnen. Das würde weiter bewirken, daß auch viele Arbeitsplätze aufgegeben werden müßten, daß vieles anders würde – kurz: Das würde letztlich eine andere Lebensweise, eine ökologische Wirtschaft von uns erzwingen. Und das wiederum, nämlich „erzwingen“ – das wäre nicht einmal in einer Ökodiktatur zu schaffen, genauso wenig, wie sich eine sozialistische Wirtschaft erzwingen ließ. Wirklich wirksame Ökosteuern und Ökoabgaben – die werden von der jeweils betroffenen Wirtschaftslobby, womöglich im Verbund mit den jeweils betroffenen Gewerkschaften und Wählern verhindert. Und wir sehen es ja: Wer wollte denn schon jetzt, im Wahlkampf, so ein heißes Eisen anfassen!? Das Tückischste an der rettenden Ökosteuer ist also, daß wir sie gar nicht kriegen! Es sei denn, mehr Menschen als jetzt tun sich an der Basis zusammen und versuchen, von unten andere Lebens- und Wirtschaftsweisen zu entwickeln. So würde letztlich auch ein Klima entstehen, in dem Ökosteuern eine Chance bekommen könnten. Vielleicht in vier Jahren, zu den nächsten Wahlen ... Wir haben darum im Forum „Umwelt & Entwicklung der deutschen Nichtregierungsorganisationen“ die AG Lebensweise initiiert und versuchen, besonders im Arbeitskreis „Entwicklungsprojekte für den Norden“, die Sache von unten voranzubringen. Aber auch hier wollen viele nicht so recht ans Eingemachte ran. Darin liegt die Tücke! Theo Krönert, Arbeitskreis Frie-

den mit der Erde und Projekt-

gruppe N.E.P.A.L., Kaisersbach